Eine Woche liegt die Eröffnung jetzt bereits zurück und so langsam bügeln sich die ersten Kinderkrankheiten aus. Wir haben nicht an alles denken können, manches war auch nicht perfekt organisiert, und die ersten geplanten Aktionen liegen auch bereits hinter uns. Die Fläche wächst und entwickelt sich Stück für Stück. Und das wichtigste, es gibt Feedback und Reaktionen. Aber nun erst einmal zurück auf Anfang.
Letzte Woche Donnerstag war der große Tag, an dem sich erstmalig die Pforten für die Besucher öffnen sollten. Bis spät in die Nacht hinein wurde noch an den zahlreichen Baustellen gearbeitet, am Donnerstag selbst noch bis 9 Uhr morgens asphaltiert. An allen Ecken und Enden der Protest, man habe ja so lange nicht arbeiten können, weil alles noch gefroren war und der späte Frost einem die Arbeit erschwert habe. Das mag stimmen, denn wir waren für eine lange Zeit im Winter tatsächlich die Einzigen, die unerbittlich weiter gemacht haben. Mit Spitzhacke und Spaten sind wir los gezogen, weil der Sand zu dicht gefroren war, um mit der Schaufel allein etwas zu erreichen. Aber wir haben es geschafft. Was wir schaffen konnten und wollten haben wir erreicht.
Am großen Tag war dann dafür erwartungsgemäß sehr viel los. Neben einer Armee aus Pressevertretern schob sich eine wenigstens genau so große Armee aus Uniformen umher. Immerhin hat sich der, ganz in der Tradition seiner Vorgänger, durch die Demokratie leicht behinderte Prinzregent der Provinz im Südosten des Reiches angekündigt. Schließlich hat die königliche Schatzkammer das Unterfangen durchaus großzügig unterstützt. Beinahe schon im Hintergrund verschwindet da die anwesende lokale Politprominenz und andere geladene hohe Tiere.
Der Vorteil an Metaphern ist, dass sie nicht wörtlich zu nehmen sind. So ragen hohe Tiere nicht, wie etwa eine Giraffe oder ein Elefant, über die Masse hinaus, sondern können sich gut getarnt und unerkannt darin bewegen, wenn sie es denn wollen und jemand anwesend ist, der die größere Aufmerksamkeit auf sich lenken kann. Zur festlichen Eröffnung aber versammelt sich natürlich alles am gleichen medialen Wasserloch, sprich der Hauptbühne.

Wirklich zuhören möchte niemand, aber es gehört halt dazu. Und eigentlich ist es ja auch egal, wer da vorne nun eigentlich steht, solange man am Ende brav applaudieren kann und sich über ein paar nette Worte freut. Dafür entschädigt ein wirklich fantastisches Wetter für eventuell entstandene Unannehmlichkeiten.
Und wie bei alle Eröffnungszeremonien wird natürlich auch bei einer Landesgartenschau keine Ausnahme gemacht. Viele große Worte des Lobes und der Dankbarkeit an beteiligte, einige mal mehr und mal weniger nette Anekdoten aus gut 100 Jahren Geschichte des Geländes. Ab und an gibt es Musik und natürlich muss auch der Prinzregent seine Bewunderung für die Arbeit ausdrücken, von deren Qualität er sich auf einem intensiven Rundgang in den 5 Minuten seit seiner Ankunft natürlich restlos überzeugen konnte sowie seine innige Verbundenheit zur Region und der hiesigen Faschingstradition. Es ist ein Zirkus der niemals still steht.
Eine Randerscheinung, die in den großen Reden beinahe untergegangen wäre, war die Vorstellung des Geländes. Die großen Themenbereiche wurden jeweils kurz vorgestellt im Sinne von wo sie zu finden sind, und was sie ausstellen. Die Gärten von morgen zeigen, wie wir in Zukunft leben können. Der Wiesenpark läd zum verweilen und die Sonne genießen ein. Der alte Park ist ein Relikt aus den Zeiten, als hier noch eine amerikanische Kaserne stand. Und völlig unscheinbar, mitten darin versteckt aber dennoch deutlich ausführlicher, der Hinweis auf ein einzelnes Projekt. Eine UrbanGardening Fläche, wo junge Leute aus der Uni und der Stadt gemeinsam auf achtzehnhundert Quadratmetern eine Vielzahl an Inspirationen und Anregungen geschaffen haben. Im allgemeinen abschweifenden Geplauder geht der Hinweis beinahe unter, löst aber dennoch Verwunderung aus. Beispielsweise bei mir, der nicht damit gerechnet hätte, so hervorgehoben zu werden.
Und schon tummeln sich einige tausend Menschen auf der ganzen Ausstellung und können das Ende der Zeremonie nicht einmal abwarten. Schnell zeigt sich, in welchen Bereichen sich die Menge eher verteilt und wo es die Leute hin zieht. Und auch, was die Leute sehen wollen. Es ist egal, dass vor nicht einmal zwei Wochen noch Schnee gelegen hat, denn heute scheint die Sonne und die Leute wollen Blumen sehen. Dabei ist nicht von Bedeutung, ob sie aus dem Gewächshaus kommen, durch Magie gezeugt wurden oder schon im Schnee blühen würden. Die vereinzelt am Rande blühenden Tulpen werden geringschätzig begutachtet und auch das zarte Grün frisch gekeimter Pflänzchen ist nicht, was erhofft wurde. Da hilft alles nichts, es gibt offene Enttäuschung.

Noch sind viele Flächen wenig grün und dafür um so kahler, aber das ändert sich bereits kräftig. Die Natur nutzt die Wärme und die Sonne mit aller Macht.
Aber natürlich gibt es auch Leute, die verstehen, wie die Natur funktioniert und die ausreichend Fantasie mitbringen, um aus dem zarten Grün der jungen Keimlinge einige Wochen in die Zukunft zu projizieren. Es gibt jene, die gerade Linien und scharfe Kanten bevorzugen und solche, für die es kaum etwas tolleres gibt als organische Formen und vielfältig lebendiges Stück Grünanlage. Denn auch wenn wir noch keinen Wald aus Grünpflanzen vorweisen können, die Tiere lassen sich davon nicht bremsen.

Ein paar bunte Blumen können wir dann doch noch anbieten und diese werden auch wohlwollend wahr- oder angenommen. Aber das gilt eigentlich für alles.
Überall summt und schwirrt es. Die meisten Besucher bekommen es kaum mit, so eilig sind die Bienen unterwegs. Auch die Vögel zeigen bereits Interesse an unserer Ausstellung. Gestern Abend waren wir noch alle überrascht und begeistert, dass sich eine Meise bereits einen der Nistkästen näher angesehen hat, heute morgen findet sich bereits das erste Material zum Nestbau im Eingangsloch und jetzt steht bereits der erste Besucher da, nimmt voller Neugier den Kasten von der Wand und öffnet ihn. Vor lauter Fassungslosigkeit hat niemand schnell genug reagieren können um ihn davon abzuhalten.
Auch die Insektenhotels werden teilweise etwas zu neugierig begutachtet. Es ist ja immerhin eine GartenSCHAU, da will man wohl auch etwas ansehen können. Und wir haben nicht damit gerechnet, dass die Ausstellung ja auch so interpretiert werden könnte. Es braucht also dringend einige zusätzliche Schilder. Gleiches gilt für die Getreidefelder und Bienenweiden, die einfach noch nicht so weit gekeimt sind. Überall finden sich bereits die ersten Fußabdrücke abseits der Wege. Dabei sind wir davon ausgegangen, wahrlich genug davon angelegt zu haben.
Während in der Hütte noch nichts zu sehen ist, sie aber trotzdem viel Aufmerksamkeit anzieht, entwickelt sich unser Samenspender zu einem regelrechten Star. Vielfach fotografiert und bestaunt sorgt er für viele Lacher. Und das obwohl (oder gerade weil?) er mit einem kleinen Schild als „Defekt“ ausgewiesen ist. Er würde ja eigentlich funktionieren, wenn denn nur die Schachteln hinein passen würden. Aber da Kondompackungen wohl kleiner sind als Zigarettenschachteln und wir nur dieses Format zur Verfügung haben, wird es noch etwas dauern, bis auch hier der normale Betrieb einsetzen kann. Aber wir bleiben zuversichtlich.

Ein Gruß aus der Welt der sozialen Medien. Unser Automat war eines der wenigen Motive, die es an diesem Tag bis dorthin geschafft haben. Auch irgendwo eine Leistung…
Schon allein deswegen, weil jeder bei uns irgendetwas findet, was ihm oder ihr gefällt. Während der allgemein unfertige Zustand der Landesgartenschau bemängelt wird, ernten wir viel Lob für die kreative Arbeit und sogar Verständnis dafür, dass nicht bereits alles blüht oder gepflanzt wurde. Bei Salat und Bohnen sind die Leute offenbar nachsichtiger als bei Tulpen und Rosen. Natürlich gibt es auch jene, die gerne anmerken wollen, was ihnen missfällt, aber der Gesamteindruck bleibt positiv und viele Besucher versprechen, ihre Dauerkarten darauf zu verwenden, uns regelmäßig heimzusuchen und die Veränderungen zu beobachten.
Es wird definitiv ein spannendes halbes Jahr …