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Ein Auto ist auch nur ein Mensch

Technik entwickelt sich immer weiter. In unserem Alltag können wir das besonders schön an Smartphones, unserer Stromrechnung und im Auto sehen. Besonders der letzte Punkt ist für mich markant, denn ich fahre kaum Auto, und wenn, dann sind es meist Modelle, die höchst rudimentär sind oder so alt, dass jede unterstützende Technik inzwischen defekt und abgeschaltet ist. Luxus ist bereits eine Klimaanlage und eine Musikanlage, die sich per Bluetooth mit dem Smartphone koppeln lässt. Tempomat ist nur dann eine Option, wenn man lange Strecken auf leeren Autobahnen zurücklegt. Schließlich fährt jeder sein eigenes Tempo und man muss ihn laufend raus nehmen, um nicht mit langsameren Fahrzeugen auf freier Strecke zu kollidieren. Und wenn man ihn nach einer längeren Baustelle dann doch wieder aktivieren will, macht er einfach irgendetwas, was im Zweifel hoch gefährlich sein kann. Mir ist diese Technik einfach suspekt. Sie kann zu viel, um sie völlig zu ignorieren, aber auch viel zu wenig, um irgendwie nützlich zu sein.

Wäre da nicht die Sache mit dem technischen Fortschritt. Denn wie ein kleines Kind, hat auch die Technik inzwischen dazu gelernt und ist etwas reifer geworden. Man mag es ja kaum für möglich halten! Und ich komme tatsächlich einmal in die Verlegenheit, in einem neuen Auto zu sitzen, was diese neue Technik sogar besitzt. Eine Armada von Radarsensoren um das ganze Fahrzeug herum beobachtet den Verkehr und bremst eigenständig, wenn der Weg nach vorne nicht frei ist. Und wenn man schon einmal dabei ist, macht man auch die Augen auf, und erkennt die Fahrspur. Und das Auto lernt sogar, damit umzugehen.

Wie ein stolzes Kind seinen Eltern etwas präsentiert, so will jetzt auch das Auto mit den neuen Fähigkeiten angeben. Ein Auto ist schließlich auch nur ein Mensch. Mit Charakter und Persönlichkeit und so. Ein Kind lernt Fahrradfahren, erst etwas wackelig, dann immer sicherer, und guck mal! Schon ganz alleine, ohne Hilfe! Nein, nicht loslassen!! Die Sicherheit der elterlichen Hand im Rücken braucht es noch. Aber guck mal, ich kann das schon alleine! Du sollst nicht Helfen… aber auch nicht loslassen. Und das Auto?

Das hat selber Fahren gelernt. Guck, so schnell darf ich, also fahre ich so schnell, aber nur wenn vorne alles frei ist. Sonst fahre ich aber immerhin so schnell, wie der vor mir. Und guck mal, ich kann sogar die Straße sehen und weiß, wo es lang geht. Neben mir fährt jemand anders, also bleibe ich hier auf der Spur. Guck, ich kann sogar alleine lenken, sogar fast so gut wie Du! Sieh zu, ich zeig es dir. Lass mich das machen… Hey! Nicht das Lenkrad loslassen! Aber guck, siehst du? Ich kann das schon eigentlich alleine!

So oder so ähnlich erschien mir das Auto auf unserem gemeinsamen Weg über die Autobahn. Wie ein stolzes und zugleich etwas bockiges Kind, was etwas tolles Neues gelernt hat, und es jetzt unbedingt präsentieren muss. Es will Verantwortung und weiß, dass es die Aufgabe auch eigentlich schon bewältigen kann, aber traut sich noch nicht so ganz. Vielleicht darf es auch nicht (was wahrscheinlicher ist, da wir ja immerhin in Deutschland sind. Die rechtliche Situation für autonome Fahrzeuge ist bislang weit davon entfernt, klar zu sein).

Noch befindet es sich in einem Zwischenbereich, wo das Kind zwar noch wackelig fährt, aber doch schon fast ganz ohne festgehalten zu werden. Es nimmt einem Arbeit ab, verleitet aber gleichzeitig dazu, sich ablenken zu lassen, um dann vom Bordcomputer angemeckert zu werden, gefälligst wieder die Kontrolle zu übernehmen. Es kann zu viel, um es nicht zu nutzen, aber leider auch noch zu wenig, als dass man ihm die Zügel komplett in die Hand geben könnte. Eines kann man jedenfalls sagen: Die Technik reift rasant und wir können gespannt sein, was noch alles auf uns zu kommt.

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StadtGartenSchau – Teil 5. – Mobile Gärten

UrbanGardening ist häufig nur eine Zwischennutzung von Brachflächen für einen bestimmten Zeitraum, manches mal auch einen unbestimmten Zeitraum. Da man also nie weiß, wann man eine Fläche räumen muss, empfiehlt es sich, den Garten mobil zu halten. Aber auch nicht zu mobil, denn sonst findet man sein Kartoffelbeet eines schönen Morgens nicht mehr auf dem Parkplatz des Wohnblocks sondern drei Bushaltestellen weiter im Straßengraben. Das wäre doch schade darum.

Also gilt es einen Mittelweg zu finden, um im Zweifel mobil aber dennoch sicher zu sein. Der Klassiker sind Hochbeete. Ein paar Paletten, Winkel, Schrauben, gegebenenfalls etwas Hühnerdraht, und schon ist es fertig. Geeignet für jeden Untergrund vom frisch gepflügten Acker bis hin zu Asphalt. Der Besondere Clou hier: Auch Menschen mit Rücken-, Hüft- oder Knieleiden können hier problemlos gärtnern, denn der Boden ist angenehm auf Hüfthöhe. Da wir ein Prozessgarten sind, der von der Interaktion mit und der Beteiligung der Besucher lebt, bietet es sich an, gemeinsam mit ihnen Hochbeete zu bauen. Das haben wir auf dem Baustellenfest im Herbst auch gemacht. Zur Eröffnung wollten wir aber die Beete bereits stehen haben, da es ansonsten sehr leer darin aussehen würde. Immerhin wollen die Pflanzen ihre Zeit zum wachsen haben.

Bei der Befüllung ist zu beachten, dass nicht alles mit Erde aufgefüllt wird. Der untere Bereich wird mit grobem Holzschnitt und Ästen gefüllt, um eine Drainage zu schaffen. Nach oben hin wird das Material immer feiner bis eine Lage Kompost und eine Lage Erde kommen.

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Frisch befüllt und gesät. Einen Monat später zeigen sich bereits die ersten zarten Blättchen darin. Es verspricht toll zu werden!

Wem ein paar Paletten zu klein sind, für den haben wir die Luxusvariante: Einen Container. Das Prinzip bleibt aber genau das gleiche. Drainage und nach oben hin feiner werdende Erde. Allerdings wird es hier schon mühsamer für den Rücken, wenn man in die Mitte kommen möchte. Da muss man schon hinein klettern und da muss man sich ja doch wieder bücken.

Als eine der besonderen Attraktionen unserer Ausstellung hat sich aber die Geschichte eines Mannes entpuppt, der zwar einen Garten haben wollte, aber zu seiner Innenstadtwohnung nur einen Parkplatz bekam. Er hatte nicht bedacht, dass er den Parkplatz mit der Wohnung gemeinsam mieten musste, obwohl er selbst überhaupt kein Auto hatte. Zu allem Überfluss bekam er auch keine Genehmigung, etwas anderes als ein Auto dort abzustellen. Was ihm also blieb, war ein Auto dort abzustellen und das Beste daraus zu machen.

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Farbe taugt als Blickfang! Besser riechen tut es so auch, nur wirklich weit bringt es einen so natürlich nicht mehr. Wer würde ihm das aber übel nehmen?

Inzwischen steht dieser Hybrid zwischen Auto und Garten bei uns und ich habe mich schon mehr als einmal gefragt, wieso wir uns überhaupt so viel Mühe mit dem Garten machen. Es stehen eh alle nur um dieses Teil herum. Alle Lieferanten, alle Bauarbeiter und Pressevertreter. Vielleicht ändert sich das ja im Sommer, wenn unsere Pflanzen gut gewachsen sind. Auch wenn ich gestehen muss, dass der Anblick wirklich etwas hat. Und wer wäre ich denn, wenn ich mich nicht für eine kreative Idee begeistern könnte? Auch wenn es eben nicht so klang, ich bin froh darum, dass es da ist. Es ist bunt und unkonventionell und führt, genau wie unser Samenspender, einen Alltagsgegenstand einer neuen Bestimmung zu.

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Alles auf einem Blick. Container, Auto und im Hintergrund sogar ein Hochbeet. Hier übrigens schon voll bepflanzt, denn das Foto ist vom Eröffnungstag. Und ja, das da links hinter dem Container ist ein blauer Einkaufswagen, der auch mit Erde befüllt ist und auf muntere Pflänzchen wartet. Hier kann man sich die Drainage dann natürlich sparen.

Hörsaalgetuschel – Ausgabe 144.

Neue Bleibe

„Ich schäme mich ja etwas, danach zu fragen, aber Kristina, kannst du mir etwas Zeit und dein Auto leihen?“

Flo hatte sich schon gefragt, was an diesem Tag besonders war. Es musste offensichtlich etwas los sein, denn Erik hatte sich mit dem Abendessen nicht nur besondere Mühe gegeben, er hatte ein regelrechtes Festmahl geschaffen. Ein herrlich duftender Auflauf mit buntem Salat und zum Nachtisch Pudding. Zu aufwendig und viel zu gut, um es einfach so zu machen. Kristina sah Erik nur fragend an. Der Art nach zu urteilen, wie er gefragt hatte, musste er geplant haben das Auto auf einen kleinen Urlaub zu entführen. Sie nickte unbestimmt und sah zu, wie sich Eriks Haltung entspannte. Nach kurzem Zögern lieferte er die Erklärung ab.

„Es sollte nicht zu lange dauern. Ich habe eine neue Bleibe gefunden. Eine kleine ein Zimmer Wohnung zwischen Uni und Altstadt. Es wäre schön, wenn ich das Auto leihen könnte, um meine Sachen dort hinzubringen. Ich möchte nicht öfter als nötig durch Mias Wohnung laufen. Mit dem Auto wäre das eine Fahrt, mit dem Bus ein paar mehr.“

„Mias Wohnung? Bist du nun also wirklich ausgezogen? Wollte sie sich nicht noch melden?“

„Ja, sie wollte sich vor zwei Wochen gemeldet haben, aber ich schätze, andere Dinge waren wichtiger. Wenn von ihr nichts kommt, dann kann ich auch nichts machen. Eines steht jedenfalls fest, ich blockiere euer Sofa schon viel zu lange. Morgen schaffe ich mir eine Luftmatratze und einen Schlafsack hinüber. Dann kann wenigstens bei euch endlich wieder etwas Normalität einziehen. Es ist höchste Zeit dafür.“

Flo und Kristina sahen einander stumm an. Sie hatten sich darüber unterhalten und waren zu dem Schluss gekommen, dass die Situation zwar merkwürdig aber keine Belastung war. Sie wollten Erik gerne helfen. Dass er jetzt selbst Schritte gegangen war, kam in dieser Form aber überraschend. Und auch wenn Flo es sich nicht eingestehen wollte, hätte er vielleicht sogar bereits seit einer ganzen Weile ahnen können, dass sein Traumpaar vor einigen dicken Problemen gestanden hatte. Tina war noch das Kleinere davon gewesen.

Wie sich die Zeit doch gewandelt hatte. Erst waren sie das perfekte Paar gewesen, vielleicht nicht immer ganz unkompliziert aber sie hatten es auch nie ohneeinander ausgehalten. Und als Tina versucht hatte, einen Keil zwischen sie zu treiben um mit Erik durchzubrennen, waren sie dennoch ein Herz und eine Seele gewesen. Und auf einmal war es nicht mehr Tina, die mit Erik durchgebrannt wäre, sondern Mia, die mit Tina das Bett teilte. Sie hatte sich von Erik getrennt und war so beschäftigt gewesen, dass sie es ihm nicht einmal mehr gesagt hatte. So etwas musste doch einfach wehtun.

Was allerdings niemand der Anwesenden wissen konnte, war, dass Mia zwar glaubte, alles im Griff zu haben, aber ihr Herz mit dieser Entscheidung in dieser Form nicht einverstanden war. Es wusste, was es wollte, und war keinen Kompromiss gewohnt.

Market Theater

Das Volk hat gesprochen!

Volksentscheide bieten eine herrliche Angriffsfläche für Ironie und unfreiwillige Komik. Da soll abgestimmt werden, ob aus einem alten Parkplatz mitten in der Innenstadt ein begrünter Platz mit Tiefgarage darunter, oder ein Park mit größeren Bäumen wird. Die Entscheidung könnte kaum deutlicher sein. Es fehlt nicht mehr viel bis zur Dreiviertelmehrheit, mit der das Volk sich gegen eine Tiefgarage und für einen grünen Park entscheidet. Mitten in der Stau-geplagten Innenstadt irgendwo sogar ein naheliegender Gedanke. Der Verkehr soll aus der Stadt heraus, damit die Luftqualität sich verbessert und die Anwohner weniger Stress haben. Der Park ist billiger und kann sofort umgesetzt werden und bietet ohnehin eigentlich nur Vorteile. Immerhin hat die Initiative für den Park auch im Vorfeld eine musterhafte Werbekampagne gestartet. Da ist ein solches Wahlergebnis doch ein süßer und verdienter Lohn.

Besonders, da die Stadt derart dankbar mit zieht und den alten Parkplatz, ganz dem Wunsche der Bürger entsprechend, für den Verkehr sperrt, einige provisorische Bänke und Kübel mit Bäumen aufstellt, sowie eine Werbetafel mit Bildern, wie es denn einmal aussehen soll. Direkt in der auf den Bürgerentscheid folgende Woche. Der tatsächliche Umbau ist also beschlossen und soll in Kürze dann folgen. Konsequent und ohne langes Hantier, so direkt war Demokratie selten. Was wünscht sich der Bürger denn mehr?

Wer hat es erraten? Richtig! Natürlich Parkplätze! Auf einmal war es völlig unnötig, den Parkplatz so überhastet räumen und sperren zu lassen. Wo soll man schließlich jetzt parken? Und was sollen überhaupt die Bänke hier? Direkt an der Kreuzung hier will sich doch ohnehin niemand niederlassen. Die Empörung ist groß und die Verwunderung noch größer. Wer hätte auch ahnen können, dass ein Volksentscheid tatsächlich umgesetzt wird? Zugegeben, es war so angekündigt, aber seit wann wird umgesetzt, was die Politik beschließt?

Und so rächt sich ein demokratisches Element auf die gemeinste und hinterhältigste mögliche Weise: Es tut, was es soll! Denn ab und an wird der Wähler mit seiner Stimme durchaus gehört und welcher Volksvertreter möchte sich schon gegen das Volk stellen, welches er vertritt? Man kann allerdings etwas den Eindruck bekommen, dieses Volk weiß nicht immer so ganz, was es eigentlich möchte! Demokratie kann eine tolle Sache sein, das sollte niemand bestreiten. Aber damit sie funktioniert, muss der Wähler auch ein gewisses Interesse und Initiative zeigen. Wer gegen seine Interessen wählt, ist nämlich am Ende einfach nur selber schuld und macht das System schlecht.

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Kunstliebhaber

Missy hat sich gewünscht, also soll sie auch bekommen. Eine kleine Geschichte um den Kunstliebhaber aus dem Ausflug zum Vertikalen Erdkilometer. Auch wenn das Auto nicht so wirklich zerstört ist… (und ja, das ist als Satire zu sehen)

Drei Stunden war Karl Orph in seinem Saab 900 unterwegs gewesen, natürlich hauptsächlich auf Landstraßen. Das lag einerseits daran, dass der alte Saab nicht mehr fit genug für die Autobahn war, andererseits daran, dass die Autobahn ja viel zu schnöde war. Gerade recht für den arbeitenden Pöbel und die Kolonnen von Lkw, aber der intellektuelle Bildungsbürger war besser dran, wenn er auch etwas von der Gegend sah. Man wusste ja nie, über welches Kleinod man am Wegesrand stolpern konnte.

Allein auf dieser Reise hatte er fünf Mal Halt machen müssen. Einmal war es ein verwitterter Marienschrein gewesen, der seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, zweimal waren es etwas verfallene Perlen der Architekturgeschichte gewesen, deren Besitzer ganz offensichtlich keine Ahnung hatten, was für Schätze sie hier besaßen und einmal war das Sonnenlicht einfach nur dermaßen rührend durch eine kleine Baumgruppe gebrochen, dass er unbedingt eine Pause machen musste, um das Lichtspiel eine Minute ganz ergriffen zu bewundern. Der fünfte Stopp war einfach nur dem Drang der Natur geschuldet. Er hätte den dritten Kaffee mit Kurkuma und Zimt vielleicht doch besser aufheben sollen.

Drei Stunden, nachdem er am heimischen Atelier aufgebrochen war, parkte Karl Orph sein treues Gefährt nun in der Tiefgarage unter dem Theaterplatz. Auf sein Auto war er fast so stolz, wie auf seinen Namen. „Wie der Maler, nur etwas anders geschrieben“ sagte er immer, und es fiel ihm jedes Mal zu spät ein, dass es ja nur ein schäbiger Komponist gewesen war, und kein erhabener Maler. Freizeitkreativlinge, allesamt, diese Musiker. Dabei wusste doch jeder, dass die Königsdisziplin der schönen Künste die Bildhauerei war, gefolgt von der Malerei. Was war da schon ein Musiker?

Mit einer beinahe zärtlichen und demonstrativ ausladenden Geste holte er seine Tasche aus original kenianischem Watusileder aus dem Kofferraum. Darin fand sich sein Gluten freies Graubrot mit Bärlauchhumus und Münchener Stadthonig sowie sein Reiseführer, der ihn zu allen wichtigen Kunstwerken der Stadt geleiten sollte. Und davon gab es hier einige. Das Erste befand sich sogar direkt auf dem Theaterplatz, zu welchem er nun die Treppen hinauf stieg. Und es musste ein wahres Meisterwerk sein! Unscheinbar und doch unglaublich bedeutsam, provokativ und für den schnöden Pöbel fast unsichtbar. Diese Banausen würden es ohnehin nicht zu würdigen wissen.

Er fand das Meisterwerk recht mittig auf dem großen offenen Platz und, wie zu erwarten gewesen war, völlig unbeachtet von den Passanten. Völlig verzückt war er, wie er hier so stand, und mit verstehender Mine, sich über das Kinn streichend, auf den kleinen Messingpunkt inmitten der Betonplatte blickte. Eine erhabene Begeisterung erfasste den intellektuellen Kunstliebhaber in ihm. Dieser unscheinbare Punkt von keinen fünf Zentimetern Durchmesser war die obere Spitze einer Messingstange, welche sich exakt einen vollen Kilometer tief in die Erde erstreckte. Allein der Bau dieses Monuments musste eine technische Meisterleistung gewesen sein!

Der Aufregung und seinem unterirdischen Orientierungssinn war es geschuldet, dass er nicht realisierte, noch vor fünf Minuten im Parkhaus genau unter diesem Punkt gewesen zu sein. Aber auch mit einem besseren Orientierungssinn hätte er wohl kaum realisiert, dass er seinen geliebten Saab 900 genau unterhalb dieses unscheinbaren Punktes geparkt hatte. Würde dieses Kunstwerk wirklich sein, was es vorgab, dann würde diese Stange genau durch den Motorblock ragen und sein Liebling würde sich nie wieder bewegen. Es würde vielleicht einem ähnlichen Schicksal anheimfallen, wie der VW Käfer am Troll von Fremont. Nur das dies hier ein echtes Kunstwerk war und kein ordinäres Populärmonument, eine erbärmliche Touristenattraktion. Dies hier hingegen… ihm fehlen die Worte, und da der Autor sich auch nicht in einen solchen Verstand hinein denken kann, muss es dabei bleiben.

Auf dem Weg zu seinem nächsten Ziel wird er einen weiteren Zwischenstopp einlegen, auch wenn die Zeit drängt. Es gibt noch so viel zu sehen und zu bewundern. Eine fünffach vergrößerte Spitzhacke zum Beispiel, oder drei Steinkugeln, welche in den Ästen eines künstlichen Baumes befestigt sind. Die nächste Station ist aber erst einmal ein Getränkeladen. Natürlich handelt es sich auch hierbei um keinen gewöhnlichen Laden. Zu einem sagenhaft günstigen Preis von nicht einmal vier Euro pro Liter würde er hier entstörtes und energetisch aufgeladenes Kristallwasser bekommen. Gegen den Uhrzeiger drehend! Schon allein dafür hätte sich die Anfahrt gelohnt.

Er ignorierte die bunten Statuen auf dem Sims der Säulenhalle rechts von ihm. Ganz abgesehen davon, dass sie bunt waren, und Statuen nicht bunt zu sein hatten, wenn sie nicht gerade als populäre Touristenattraktion herhalten sollten, standen sie nicht in seinem Kunstführer und waren demnach auch von keinem artistischen Interesse. Statuen aufstellen konnte jeder. Kunstwerke schaffen, das war eine ganz andere Nummer. Aber was verstand der einfältige Normalbürger davon schon? Diese Leute bildeten sich ja schon bei einem einfachen Besuch im Industriemuseum ein, zur intellektuellen Elite zu gehören.

Um sich von der Beleidigung zu befreien, die dieser bloße Gedanke mit sich brachte, warf er mit einer imposanten Geste seinen Schal aus handgekämmter Seide zurück und stolzierte vor der genervt klingelnden Straßenbahn entlang. Das Leben als Kunstliebhaber konnte schon wahrlich schwer sein.

2016-07-31 16.08.28

Deutsche Klimapolitik in China

Es tut mir leid, aber heute muss ich mal etwas aus dem Rahmen fallen, es geht um Sabotage. Ungewöhnlicherweise mal an einem Montag, und dann auch noch an einem, wo die halbe Republik entweder noch besoffen oder schon verkatert ist, aber ich habe etwas gelesen, und das regt mich auf. An der Uni bekommen wir laufend gesagt, die Studenten von heute wären nicht mehr politisch und so brav geworden. Nun, offenbar sind wir an den falschen Stellen laut. Aber ich bin gerade trotzdem stinkig und das muss ich loswerden!

Da! Rubrik Wirtschaft, wie passend für ein Umweltthema.

Der Klimawandel. Thema einer Debatte, die eigentlich überhaupt nicht existiert. Denn was in den Medien gerne als eine Diskussion aufgezogen wird – ist er nun real und was geht davon auf des Menschen Kappe? – ist eigentlich lang entschieden. Auch die so gerne heraufbeschworene Uneinigkeit zwischen Klimaforschern existiert in dieser Form schlicht nicht!

Der Klimawandel ist da und er ist vom Menschen gemacht. Punkt. Worüber gestritten werden darf, ist das Ausmaß, und was man dagegen tun kann und muss.

In Deutschland wurde diesbezüglich in den letzten zehn Jahren etliches an Projekten angegangen, angefangen bei der Energiewende. 2015 war die Zahl der installierten Leistung Photovoltaik nirgendwo so groß wie hier. Auf dem diplomatischen Parkett drängt Deutschland gerne in eine Vorreiterrolle mit moralischem Zeigefinger und kritisiert den immensen Ausstoß von Treibhausgasen z.B. in den USA und (Weltmeister) China.

Und dann erzählt mir meine Tagesschau heute in einer Randnotiz, dass China, Weltrekordhalter in der Emission von Treibhausgasen und mit großen Ambitionen, etwas dagegen zu unternehmen, seine Richtlinien für Elektromobilität kastrieren will. Das Land also, was, abseits von der großen medialen Berichterstattung, Milliarden in die Entwicklung und Einführung von Elektromobilität steckt, will auf einmal die Quoten für Elektrofahrzeuge runter setzen. Das Land, welches guerilla-Transportunternehmen mit elektrischen Golfcarts duldet, ganzen Regionen die Richtlinien auferlegt, Taxis dürfen nur noch als Vollelektromodelle zugelassen werden und in dessen Metropolen zeitweise am Wochenende nur noch elektrisch gefahren werden durfte. Was ist da los?

Politik ist da los. Deutsche Politik. Und jede Menge Lobbyarbeit von einer Branche, die in Deutschland für mehr als eine halbe Million Arbeitsplätze verantwortlich ist. Unsere werten Autobauer haben seit 10 Jahren aktiv gegen jede Form von Elektromobilität agiert und stellt sich nun ernsthaft hin und behauptet, sie wären von der Entwicklung überrascht worden. Sorry, aber ich werfe ihnen Sabotage vor!

Ein Kommentar befand „hier wird also ein Wirtschaftskrieg auf Kosten des Klimas und damit künftiger Generationen ausgefochten.“

Tut mir leid, auch hier muss ich widersprechen. WIR SIND DIESE KÜNFTIGEN GENERATIONEN! Wir sind es, von denen da immer als ominöse Masse irgendwann in der Zukunft die Rede ist. Wir, die wir JETZT leben, erleben live und in Farbe, wie sich das Klima ändert. Zum ersten mal überhaupt konnten wir miterleben, dass zwischen zwei wärmsten Jahren seit Beginn der Wetteraufzeichnungen nicht Jahrzehnte liegen sondern … nichts!

2014, 2015 und 2016 waren alle drei die jeweils wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen. Nie vorher hat es auch nur zwei heißeste Jahre gegeben, zwischen denen auch nur weniger als ein Jahrzehnt gelegen hätte.

Und mit diesen Zahlen vor Augen engagiert sich unsere Bundesregierung unter Muddi Merkel (übrigens selbst Naturwissenschaftlerin, man mag es nicht für möglich halten) und dem dicken Siggi gegen ihre eigene hierzulande propagierte Klimapolitik. Man kann es ja als „Schutz von Arbeitsplätzen“ verkaufen, auch wenn die längst verloren sind. In China ist man Umweltverschmutzung schließlich gewöhnt und das ist weit weg. Die Modellierungen von ESA und NASA, welche den Weg von CO2 Wolken um den Globus darstellen, sind ja auch nur nette Zahlenspiele.

Und irgendwas wird uns ja schon einfallen. Mit dem Atommüll, das haben wir schließlich auch hervorragend hinbekommen. Worüber rege ich mich hier also auf?

:edit: ps.: Tut mir leid, wenn ich nun jemandem auf die Füße getreten bin… wobei, eigentlich nicht. Mir tut es eher leid, hier einen unreflektierten und nur aus Zorn heraus entstandenen Beitrag zu posten. Aber das Thema ist einfach … existenziell wichtig! Bitte berücksichtigt das und behaltet es immer im Hinterkopf. Es geht nicht darum die Welt zu retten. Die Welt ist alt genug um auf sich selbst aufzupassen. Es geht darum, uns selbst zu retten. Und unsere Kinder. Auch die, die schon geboren sind.