Willkommen auf dem Bikini Atoll, meinem Testgebiet für Schreibübungen, Buchstabentänze und Wortgemälde. Warum das Ganze? Damit ich nicht nur für mich selber schreibe, sondern vielleicht auch jemandem eine kleine Freude mache. (unkorrigierte Basisfassungen, ich habe leider keinen Lektor)
Auch heute habe ich wieder keine neue Geschichte anzubieten, aber dafür etwas, was sehr viel hochwertiger daher kommt. Im Rahmen ihres Studiums hat meine werte Cousine mit ihrem Kommilitoninnen zwei Kurzfilme produziert, die ich Euch nicht vorenthalten möchte. Viel Spaß damit!
Einerseits gibt es da ein kleines Werk über den Schaffensprozess eines Kunstwerks. Das Ergebnis selbst ist dabei nicht einmal relevant, es geht viel mehr um den Weg von der Idee über die Umsetzung zum Ergebnis.
„Ein Wochenende drehen plus nachdrehen und über 40h Postproduktion.“
Das zweite Video ist ein Trailer zu einer fiktiven Serie über ein Mädchen, welches aus ihrer Heimat, einem Fischerdorf, verschwindet. Die Vorgabe war, es mystisch zu halten und ich glaube, das ist absolut gelungen.
„[…] noch mehr Dreharbeit, dafür weniger Postproduktion.“
Alle Rechte an den Videos bei: Lynn Huberty, Patrizia Onkels & Sina Markhoff
Ein wirrer Kopf voller Gedanken, Bildern, Geschichten und ein leerer Bildschirm und ein weißes Blatt Papier, die nur darauf warten, dass man sie füllt. Geschichten, die Formen und Konturen annehmen. Ecken, an denen man sie greifen kann, drehen und ordnen, bist sie nicht nur Sinn ergeben, sondern auch Eleganz und eine gewisse Ästhetik bekommen. Doch etwas ist da im Weg.
Ein Gefühl von Anspannung, Verzweiflung, Langeweile und gleichzeitig Stress und Blockade. Der Drang, etwas zu schreiben, etwas zu erschaffen. Ein Drang, der alles andere überdeckt, ablenkt und Aufmerksamkeit fordert. Draußen tobt das Leben. Leute begegnen sich, treffen sich, verlieben sich, genießen die Sonne, das Leben, die Gesellschaft. Drinnen warten immer noch geduldig das weiße Blatt Papier und der leere Bildschirm. Langsam wächst die Verzweiflung, Selbstkritik, Scham, Panik. Die Geschichten verlieren ihre Kontur, die Kanten beginnen auszufransen, wie Wolken bei steigendem Luftdruck.
Immer mehr Details fliegen davon. Je fester man versucht, an ihnen festzuhalten, so schneller sind sie weg. Wie die dunklen Punkte, welche auf den weißen Streifen flimmern, die eine schwarze Fläche in Karos unterteilen. Das Leben ist inzwischen von den Straßen und aus den Parks verschwunden. Vereinzelte Autos rauschen durch die Straßen, aber immer noch bemächtigt diese lähmende Unruhe mein Innerstes, umklammert diese Panik mein Herz.
Versagt, ich habe versagt. Verloren sind die Bilder, die Geschichten, die tanzenden Buchstaben. Verloren sind Geschichten über verlaufene Kinder, über wagemutige Helden, fremde Welten und Zeiten. Nie wieder wird das strahlende Lächeln der Amazone ihre Feinde zum Zittern und Erschaudern bringen. Zum letzten Mal stürzt der Pilot mit seinem Doppeldecker wild trudelnd aus den Wolken, um sich im letzten Moment wieder fangen zu können.
Niemals wird die feine Dame aus altem Adel wissen, wie es sein wird, ihren Stolz zu vergessen und gemeinsam mit den Eingeborenen an diesen fremden Küsten das Lager zu verlassen und im tiefsten und undurchdringbarsten Wald nach den Spuren vergangener Kulturen zu forschen. Niemals wird sie gezwungen sein, das Vertrauen in ihre eigenen Kräfte zu gewinnen und ihr Wissen über Kräuter und Heilpflanzen wird wertlos bleiben. Genau so, wie das Versprechen ihres Verlobten, ihr Herz immer in Ehren, und ihr ewige Treue zu halten. Er benötigt nicht einmal ihre Reise, um anderen Röcken nach zu jagen und es gibt nichts, was ihn vor wütenden Ehemännern und ihrem Rachedurst retten kann.
Zu Staub zerfallen die Träume und Geschichten. Wie dem klebrigen, pulverigen Staub, der unter den Stiefeln des einsamen Astronauten knirscht. Das Mutterschiff wurde beim Abkoppeln der Landefähre beschädigt. Hauch feine Risse in der Hülle, nicht sichtbar und dennoch groß genug für die Gasmoleküle. Es dauerte nur Sekunden, bis das Blut der Bordbesatzung zu kochen begann und bereits eine Minute später war er tot. Noch bevor die Landefähre auf dem Mond aufsetzen konnte, waren die beiden Leichen bis zum Kern durchgefroren. Und nachdem sein Kollege die Nerven verloren hatte, und beim Anblick der Erde, wie sie sich zaghaft über einen grauen Horizont erhob, den Helm abgenommen hatte, war von der einst so ruhmreichen Mission nur noch eine einsame, verlorene Seele übrig. Irgendwann würden ihm Wasser, Sauerstoff, Nahrung und Energie ausgehen. Vielleicht heute, vielleicht auch erst in einer Woche. Dann war auch diese Geschichte Vergangenheit.
Was von ihnen bleibt ist nur die Anspannung. Und leere Seiten.
Vor einiger Zeit habe ich ein Video geschickt bekommen, was mich sehr beeindruckt hat. Es ist eine Reise in unsere Nachbarschaft, ein Blick über unseren Horizont hinweg. Ich bin leicht für solche Sachen zu begeistern aber irgendwo nagt da auch die Frage „wieso zieht es uns dort hinaus?“ Ist es einfach nur Neugier oder vielleicht doch mehr? Oder brauchen wir diesen Blick von außen, um wirklich schätzen zu lernen, was wir hier haben? Ich kann diese Fragen nicht beantworten und eigentlich kannst Du auch direkt zum Video am Ende springen. Oder Du liest dir meinen Senf durch und gibst mir in den Kommentaren Antworten oder Deinen Senf ab. Ich bin gespannt!
Unser kleiner Blauer Planet bietet sehr viele wunderschöne Orte, wenn man sich nur einmal die Zeit nimmt, genau hinzusehen oder die Reise auf sich zu nehmen. Dichte summende Wälder, duftende bunte Blumenwiesen, eifrig pulsierende Städte voller geschäftiger Plätze und beeindruckender Gebäude, beruhigend rauschende Küsten mit beeindruckenden Steilküsten oder sanft geschwungenen Dünen oder auch Gebirge, die sich schroff in den Himmel recken, von ewigem Eis bedeckt und dem, der sie besteigt, eine atemberaubende Aussicht gönnen. Es ist ist gerade so, als sei diese Welt genau für uns gemacht, teilweise auch von uns gemacht. Wir passen hier einfach perfekt hin und wem es nicht gefällt, der muss nur wenige Stunden reisen, um den perfekten Ort dennoch finden zu können.
Ich selbst verfolge gerne den ein oder anderen Reisebericht, -blog oder genieße Dokus über Orte, die ich vermutlich nie mit eigenen Augen sehen werde. Da erstreckt sich eine polare Tundra von Horizont zu Horizont, die ein halbes Jahr schläft und während der anderen Hälfte in geradezu verschwenderisches Leben ausbricht. Scheinbar endlose Wüsten aus Sand oder Fels unter einer brennenden Sonne bieten einen harschen Lebensraum, der faszinierende Überlebenskünstler hervorgebracht hat. Fantastisch bunte Korallenriffe, wie von einer anderen Welt in unsere Meere übertragen oder die noch viel fremderen Wesen ewig finsterer Tiefsee. Tiere, über die wir beinahe nichts wissen und von denen wir noch vor wenigen Jahrzehnten nicht für möglich gehalten hätten, dass sie überhaupt existieren könnten.
Und wir glauben tatsächlich, wir würden außerirdisches Leben gleich erkennen, wenn wir ihm begegnen würden?
Es ist eine Welt voller Abenteuer, voller Möglichkeiten, robust wie Granit und gleichzeitig filigran und zerbrechlich, wie ein hauchzartes Kunstwerk aus Zucker. Und die Menschheit hat kaum an der Oberfläche gekratzt, in ihrem Bemühen, sie zu verstehen. Was verursacht verheerende Erdbeben und wie kann man sie vorhersagen? Was sorgt dafür, dass ein Vulkan mit einer einschüchternden Aschewolke ausbricht, statt sich einfach in sein Umland zu ergießen? Was bringt die Meere dazu, Temperatur und Chemismus zu verändern und die einst so lebendigen Korallenriffe zu einer grauen, toten Einöde zu verwandeln? Und wie können wir sie schützen, unsere Heimat? Unermüdlich arbeiten Wissenschaftler auf der ganzen Welt daran, diesen Schatz, den wir haben, zu verstehen und zu schützen.
Doch so weit unsere Geschichte zurückreicht, war uns das alles nie genug. Die ältesten Zeugnisse der Menschheit richten ihren Blick nicht nur auf den Horizont, sondern auch darüber hinweg. Die ältesten Höhlenbilder zeigen Hände, Tiere und Sterne. Frühe Kunstwerke befassen sich mit Fruchtbarkeit, unserem Spieltrieb und dem Firmament. Die ersten Bauwerke zeugen von einer akribischen Beobachtung des Himmels. In einer Welt voller Wunder wollen wir MEHR! Wir wollen den Mond, die Sterne, fremde Welten und wir wollen alles darüber wissen, sie erreichen, erobern, uns dienlich machen.
Doch während es immer wieder schien, dass uns nicht einmal der Himmel eine Grenze sein würde und einfach alles möglich sei, erkennen wir immer mehr eine andere Wahrheit. Die Reise zu unserem kleinen Bruder, dem Mond (oder der kleinen Schwester, je nach Sprache und Kultur), hat bereits Tage gedauert. Eine Reise zum nächsten Nachbarn, dem Mars, würde uns bereits eineinhalb Jahre kosten! Das Licht braucht für diese Strecke bis zu 21 Minuten, wenn es die äußeren Planeten erreichen will, bereits über einen Tag. Wir sitzen hier fest.
Benachbarte Sterne wie Alpha Centauri oder die kürzlich nachgewiesenen Planeten um Trappist, die größten Hoffnungen, andere Welten zu erreichen, rücken damit in noch unerreichbare Ferne. Sie beflügeln die Fantasie und inspirieren, immer weiter zu suchen und zu forschen, aber bislang bleibt uns der Griff zu den Sternen versagt. Gleichzeitig verstehen wir immer besser, was mit unserer eigenen Welt passiert und dass sie, wenn wir so weiter machen wie bisher, uns nicht mehr ewig ein so traumhaftes Paradies bleiben wird, wie sie es war.
Und während wir alle gemeinsam darum kämpfen sollten, unsere Welt so zu erhalten, dass es uns hier gut geht, dürfen wir trotzdem träumen. Und sei es nur, um uns die Hoffnung zu bewahren, überleben zu können, wenn Mutter Gaia unserer überdrüssig wird. Begeben wir uns doch auf eine Reise zu einigen Sehenswürdigkeiten im Sonnensystem, und nicht immer sind sie sehr bekannt. Sonnenaufgang auf dem Mars oder der Blick in den Himmel eines Jupitermondes, das ist ein guter Anfang.
Aber wie wäre es beispielsweise mit einem Sprung von der höchsten Klippe im Sonnensystem auf dem Uranusmond Miranda? Die 20 Kilometer fällt man ungebremst, dank der geringen Gravitation, in sagenhaften 12 Minuten. Der feuchte Traum jedes Skydivers. Oder wieso nicht gleich aus dem passiven Fall in den aktiven Flug übergehen? Der schwache Sonnenwind erlaubt es den äußeren Monden, bei nur geringer Anziehungskraft eine dennoch dichte Atmosphäre zu halten. Es dürfte für Menschen möglich sein, mit den entsprechenden Flügeln, dank eigener Muskelkraft durch die eisigen Winde auf Neptuns Begleitern zu fliegen.
Doch ist es wirklich vergleichbar, auf den Eisbrocken der Saturnringe zu tanzen, sich in gewaltige Asteroiden zu graben und schattige Habitate zu erschaffen, oder den Sonnenuntergang zu beobachten, während das warme Meer einem sanft weißen Korallensand um die Füße spült und der Wind die Haare und keine Maske umspielt? Selbst wenn einige Tausend solche Reisen unternehmen können, bleiben Milliarden zurück. Geben wir also gut drauf acht, auf unsere blaue Kugel. Es ist der einzige Hafen, den wir haben. Selbst wenn es dann soweit ist, und wir tatsächlich nach den Sternen greifen können, wie uns der beeindruckende Kurzfilm von Erik Wernquist verspricht.
Und wieder finden wir uns bei einem von JettesSchreib mit mir, diesmal Teil 31. Keine Sorge, diesmal habe ich mich kurz gehalten. Ich hatte beim Lesen der „Aufgabe“ spontan ein Bild vor Augen, wie es auch aus einem Terry Pratchet Roman hätte stammen können. Das war also der Stil, den ich anpeilen wollte. Spoileralarm: Ich habe es nicht geschafft. Komik und ich, wir sind eben ein Gespann, was nicht auf Kommando funktioniert. Ich hoffe, es gefällt Euch trotzdem. Viel Spaß!
Undurchdringbare Büsche, hohe, dichte Baumwipfel, welche im Wind rascheln, Vögel, die darin mit hellen Stimmen rufen und immer wieder ein scheues Reh oder stolzes Wildschwein, welches durchs Unterholz bricht. Zierliche Sonnenstrahlen tanzen über glitzernde Blumen auf gut versteckten Lichtungen, von weichem Moos bewachsene Steine, so alt wie die Zeit selbst, ragen aus dem kühlen Schatten und verdecken den Bau von Wolf oder Kaninchen, welche sich lieber erst in der goldenen Dämmerung zeigen.
Die windschiefe Hütte der Hexe Mellita stand nicht in einem solchen Wald. Büsche und Bäume um das Bauwerk, welches ebenso knorrig war wie seine Bewohnerin, war längst zu Brennholz verarbeitet worden und der einst so unscheinbare Pfad durch den einst so verschlafenen Wald war zu einer viel genutzten Hauptverkehrsader geworden. Selbst ein Straßenpflaster hatte König Vaalium gespendet, nachdem Mellita sich wiederholt geweigert hatte, an seinen Hof zu ziehen. Nur hier draußen gab es die besonderen Zutaten, welche sie für ihren magischen Trank benötigte.
Und dieser Trank, eine bitterlich sauer, und doch so aufregend riechende, schwarze Flüssigkeit, war die Basis ihrer Macht. In einem riesigen Kupferkessel brodelte das Gebräu vor ihrem Haus, und es brauchte nur ein Nicken und einen Fingerzeig von Mellita, und gleich eine ganze Meute von Wartenden stürmte los, neues Holz auf das Feuer zu legen oder eimerweise frisches Wasser aus dem Brunnen zu holen. Und sie bezahlten ihr auch noch gutes Geld dafür, dass sie sich abrackern durften und am Ende meist nur eine Flasche des Trunkes zu bekommen, welcher kalt und sauer war, ehe sie ihr Heim erreichten. Dabei funktionierte der Trank doch nur, solange er heiß war.
Sie hatte Geschichten gehört, von Barbaren, die ihr erkaltetes Gebräu mit Milch wieder aufkochten. Angeblich gab es im Osten auch einen grauen Zauberer, der einen Kräutersud aus Blättern bestimmter Büsche verkochte, welcher auch kalt noch wirkte. Aber das waren nur Ammenmärchen, da war sie sich sicher.
Wie jeden Morgen stand auch heute wieder, pünktlich zu Sonnenaufgang, der Herold von König Vaalium vor der Hütte. Sein Weißer Schimmel erleichterte sich, ebenfalls wie jeden Morgen, an der Hausecke. Mellita würde den Dung später einsammeln. Es war ein wertvoller Rohstoff. Herold Zitzewitz, gewandet in eine schrecklich alberne Uniform aus kunterbunter, scheinbar wild zusammengewürfelter Kleidung, war heute allerdings weniger gut gelaunt als sonst.
„Heute benötige ich die doppelte Menge, keine Sorge, ich bezahle auch doppelt. Aber die Königin hat sich offenbar die Titte eingeklemmt. Laufend jammert und nörgelt sie nur über des Königs Lethargie, welche nur durch Euren Zaubertrank zeitweise besser wird. Aber er wirkt immer weniger und weniger. Der König braucht inzwischen alle viertel Glockenschlag einen gehörigen Schluck. Es bleibt für niemanden sonst etwas übrig.“
Die quietschige Stimme des ordinären Boten hallte über das provisorische Lager, welches die Hütte permanent umgab. Er war sichtlich unglücklich mit der Situation, obwohl sie so viele Geschichten bereithielt.
„Nur wird es der Frau Königin wohl wenig helfen. Mein Zaubertrank ist kein Liebestrank. Das, was du suchst, wirst du nicht in diesem Kessel finden. Aber ich habe etwas Neues ausprobiert und die Wirkung verstärken können. Diese Flasche wirkt doppelt so stark, eine Expressversion, wenn du so willst. Möchtest du es erst einmal damit versuchen?“
Herold Zitzewitz war entzückt. Begeistert hüpfte er auf der Stelle und klatschte in die pummeligen Händchen.
„Einen Liebeszauber bräuchte es bei dieser Königin sicherlich nicht. Viel wichtiger ist wohl, dass der König lange genug wach ist, dass die Lebensgeister auch den kleinen König erreichen können. Dann geht es sicherlich auch der Königin und ihren Honigtüten wieder besser.“
Eilig ritt er von dannen und ließ eine kopfschüttelnde Hexe zurück. Kaum war er hinter dem nächsten Baum verschwunden, griff sie einen Eimer, sammelte die Hinterlassenschaften des treuen Schimmels ein und begab sich mit einem weiteren Eimer in den Wald. Sie musste sich beeilen, ihn mit Hasenkötteln, Hirschdung und diversen Kräutern zu füllen. Schon kurz nach Sonnenaufgang erwartete sie ihren Lehrling, welcher unterwegs war, Säcke der exotischen Bohnen zu besorgen. Über einem Feuer mit den Eimerinhalten geröstet würden sie genau das perfekte Aroma erhalten, welche sie dann, zerstoßen und zermahlen, an das Wasser im Kessel abgeben konnten.
Natürlich könnte sie auch einfach das Pulver verkaufen und den Leuten beibringen, wie sie das Gebräu selbst zubereiteten, aber sie war eine Hexe und von einer Hexe erwartete man, dass sie vor einem großen Kessel stand und einen magischen Zaubertrank zubereitete. Ab und an, wenn sie jemand fragte, riet sie dazu, einige der weißen Kristalle hineinzugeben, welche sie ebenfalls verkaufte. Die honigsüßen Steinchen waren ihr eigentliches Geheimnis und sie waren ihr Gewicht in Gold gleich doppelt wert.
Jeder Tag erreicht seinen Punkt, wo die Sonne längst die andere Seite der Erde bescheint und sich die Leute hier ins Bett begeben. Die einen sind so erschöpft, dass sie gleich einschlafen, die anderen zählen Schafe, lauschen angespannt ihrem Herzschlag oder dem Atem des Wesens neben einem oder sie öffnen ihren Geist und gehen auf Reisen.
Dann entstehen bunte Geschichten hinter den geschlossenen Augenlidern und Gehirne kommen erst so richtig in Schwung. Da finden sich Geschichten um den ersten Kuss von Beziehungen, die nie Realität werden, da fegt die Gischt über die Deckplanken von Segelschiffen vor exotischen Küsten, da sitzt ein Held über den höchsten Zinnen seiner Stadt und wacht über einen dicht gedrängten Ameisenhaufen von Menschen, die nichts von seiner Existenz wissen. Raumschiffe jagen über die bunten Himmel fremder Planeten voller Lebewesen, so fremd, dass man sie sich kaum vorstellen kann, oder durchkreuzen die ewige Schwärze des Universums auf der Suche nach ihren Missionszielen. Da werden Monumente gebaut und alternative Verläufe für Geschichten erdacht. Was wäre gewesen, wenn …
Musik entsteht und begleitet einen unscheinbaren Träumer in die Schlacht gegen seine größte Angst, episch und bildgewaltig, das selbst die Größen der Filmmusik voller Hochachtung innehalten. Da entstehen Meisterwerke der Literaturgeschichte, nur einen Federstreich, einen Tastendruck von der Unsterblichkeit entfernt. Auf den Schwingen von Adlern, Raben und Drachen fliegen Gedanken mit den Träumen um die Wette. Donnernde Explosionen konkurrieren mit leise geflüsterten Worten der Zuneigung. Ein Unterbewusstsein übernimmt das Steuer über das legendäre U-Boot, welches versunkene Kulturen in den tiefsten Meeren besucht. Der Traum übernimmt die Kontrolle, der Träumer ist eingeschlafen, ohne es zu merken, ohne es zu wollen, atmet die Luft des Basars von Samarkand, schwer von Gewürzen.
Und dann klingelt der Wecker. Eine heiße Dusche wärmt die steifen Glieder, noch ganz erschöpft vom nächtlichen Kampf gegen die höchsten Gipfel. Der dampfende Tee spült das Salz des Windes von den Lippen, die noch vor Kurzem auf die endlosen Salzseen in den Anden gesehen haben, und mit jedem Atemzug zerbricht das Schloss aus Träumen, bis alles im Schlund des Vergessens untergegangen ist, noch ehe man die Türe zur Wohnung hinter sich ins Schloss gezogen hat und auf dem Weg ins Büro ist. Für immer verloren sind all die brillanten Ideen, die Meisterwerke, die genialen Geschichten und mitreißenden Töne. Ertränkt in einem grauen Alltag, erdrosselt von einem unbarmherzigen Wecker, gescheitert an den Fingerkuppen, die nicht einmal eine Notiz retten konnten oder wollten.
Seit der Mensch denken kann, will er hoch hinaus. Der Traum vom Fliegen ist älter als die Geschichtsschreibung, der Traum, zu den Sternen zu fliegen nur unwesentlich jünger. Inzwischen beherrschen wir beides mehr oder minder gut, doch an Reiz hat es deswegen nichts verloren. Als nun 1991 die Nachricht Fremont erreichte, dass in Bell Town eine überschüssige Rakete aus dem beginnenden Kalten Krieg 1950 verschrottet werden sollte, machten sich Vertreter der Künstlergemeinde sofort auf den Weg.
Nach einer Grundsanierung und einem fehlgeschlagenen Versuch 1993, konnte die Rakete am dritten Juni 1994 „nach fünf Minuten Suborbitalflug“ auf ihrer aktuellen Position aufgesetzt werden. Ausgerüstet mit einer neuen Nase, neuen Flügeln und dem Wappen und Motto von Fremont, „De Libertas Quirkas“, hat sie sich zu einem kleinen Wahrzeichen entwickelt. Es besteht die Hoffnung, die 16 Meter hohe Rakete in Zukunft zur Sendeantenne von Fremonts eigenem Radiosender zu machen. Wenigstens vorerst wird sie ansonsten wohl nirgendwo sonst hinfliegen, obwohl der Rauch an ihrer Basis es immer wieder ankündigt.
Wer die Rakete sucht, der findet sie unweit der Lenin Statue an der Ecke Evantson Ave und 35th Street.