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Der Funfact der Woche 1.

Heute gibt es statt des Blödsinns der Woche einmal einen Funfact der Woche, denn ich bin heute in der Veröffentlichung vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur „Verkehr in Zahlen“ auf die Angabe gestoßen, dass in Deutschland 2013 ganze 1.084,8 Mrd. Personenkilometer zurückgelegt wurden. (Also etwa 1.084.800.000.000 km. Ja, die Zahl ist gerundet.)

Diese Zahl ist groß genug, als dass ich mir nichts darunter vorstellen konnte, sie aber gerne etwas visualisierbarer hätte. Das naheliegende Modell, X mal um den Äquator, lassen wir mal gleich aus. So groß ist unsere kleine Murmel wirklich nicht, dass uns das hilft. Auch die Entfernung Erde – Mond wirkt spontan eher … mau. Was ist sonst noch logisch? Die Entfernung Erde – Sonne. Unser Muttergestirn ist zwar auch schon unfassbar weit weg, aber irgendwo muss man ja anfangen. Also …

Mittlere Distanz Erde – Sonne = 1 AE (Astronomische Einheit) = 149.597.870,7 km

Die Zahl ist etwas kleiner, als unsere Verkehrsleistung, und mit ihr komme ich darauf, dass wir alle zusammen 7251,44 AE zurücklegen, also über 7000 mal die Strecke zwischen Erde und Sonne.

Kann ich damit jetzt mehr anfangen? Wer weiß, aber das ist immer noch echt eine große Zahl. Immerhin braucht das Licht von der Sonne bis zu uns etwa 8,5 Min. Der Nächte Schritt ist logisch, oder?

1 Lj (Lichtjahr) = 9.460.730.472.581 km

Die Zahl ist schon deutlich größer. Sie ist sogar größer als unsere kumulierte Personenkilometerstrecke. Dennoch, wir schaffen sagenhafte 0,11466 Lichtjahre!

Über 1/10 Lichtjahr! Nur in Deutschland! Nur 2013! Und seitdem ist die zurückgelegte Strecke beständig weiter gestiegen. Über 40 Tage Reise bei Lichtgeschwindigkeit.

Gut, damit ist die Zahl immer noch nur minimal greifbarer für mich winziges Menschlein geworden, aber Spaß hat es trotzdem gemacht, es ist dennoch irgendwo ein Blödsinn der Woche geworden, und wenn ich schon immer das letzte Wort haben muss, dann doch folgendes:

Faszinierend!

Fremont Rakete ICBM

Du möchtest gerne wissen, was es mit dieser Rakete auf sich hat? Ich empfehle einen Blick in den Reiseführer hier *Link*. Es lohnt sich 😉

Sollte ich irgendwo einen Denkfehler haben, seid ihr herzlich eingeladen, mit mir darüber in den Kommentaren zu diskutieren.

Der absolute Löwenanteil dieser Strecke wird übrigens mit dem Auto zurückgelegt, größtenteils von Leuten, die ihr Fahrzeug alleine bewegen. Die Zahl der möglichen Personenkilometer ist also ein Vielfaches größer.

Kunstliebhaber

Missy hat sich gewünscht, also soll sie auch bekommen. Eine kleine Geschichte um den Kunstliebhaber aus dem Ausflug zum Vertikalen Erdkilometer. Auch wenn das Auto nicht so wirklich zerstört ist… (und ja, das ist als Satire zu sehen)

Drei Stunden war Karl Orph in seinem Saab 900 unterwegs gewesen, natürlich hauptsächlich auf Landstraßen. Das lag einerseits daran, dass der alte Saab nicht mehr fit genug für die Autobahn war, andererseits daran, dass die Autobahn ja viel zu schnöde war. Gerade recht für den arbeitenden Pöbel und die Kolonnen von Lkw, aber der intellektuelle Bildungsbürger war besser dran, wenn er auch etwas von der Gegend sah. Man wusste ja nie, über welches Kleinod man am Wegesrand stolpern konnte.

Allein auf dieser Reise hatte er fünf Mal Halt machen müssen. Einmal war es ein verwitterter Marienschrein gewesen, der seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, zweimal waren es etwas verfallene Perlen der Architekturgeschichte gewesen, deren Besitzer ganz offensichtlich keine Ahnung hatten, was für Schätze sie hier besaßen und einmal war das Sonnenlicht einfach nur dermaßen rührend durch eine kleine Baumgruppe gebrochen, dass er unbedingt eine Pause machen musste, um das Lichtspiel eine Minute ganz ergriffen zu bewundern. Der fünfte Stopp war einfach nur dem Drang der Natur geschuldet. Er hätte den dritten Kaffee mit Kurkuma und Zimt vielleicht doch besser aufheben sollen.

Drei Stunden, nachdem er am heimischen Atelier aufgebrochen war, parkte Karl Orph sein treues Gefährt nun in der Tiefgarage unter dem Theaterplatz. Auf sein Auto war er fast so stolz, wie auf seinen Namen. „Wie der Maler, nur etwas anders geschrieben“ sagte er immer, und es fiel ihm jedes Mal zu spät ein, dass es ja nur ein schäbiger Komponist gewesen war, und kein erhabener Maler. Freizeitkreativlinge, allesamt, diese Musiker. Dabei wusste doch jeder, dass die Königsdisziplin der schönen Künste die Bildhauerei war, gefolgt von der Malerei. Was war da schon ein Musiker?

Mit einer beinahe zärtlichen und demonstrativ ausladenden Geste holte er seine Tasche aus original kenianischem Watusileder aus dem Kofferraum. Darin fand sich sein Gluten freies Graubrot mit Bärlauchhumus und Münchener Stadthonig sowie sein Reiseführer, der ihn zu allen wichtigen Kunstwerken der Stadt geleiten sollte. Und davon gab es hier einige. Das Erste befand sich sogar direkt auf dem Theaterplatz, zu welchem er nun die Treppen hinauf stieg. Und es musste ein wahres Meisterwerk sein! Unscheinbar und doch unglaublich bedeutsam, provokativ und für den schnöden Pöbel fast unsichtbar. Diese Banausen würden es ohnehin nicht zu würdigen wissen.

Er fand das Meisterwerk recht mittig auf dem großen offenen Platz und, wie zu erwarten gewesen war, völlig unbeachtet von den Passanten. Völlig verzückt war er, wie er hier so stand, und mit verstehender Mine, sich über das Kinn streichend, auf den kleinen Messingpunkt inmitten der Betonplatte blickte. Eine erhabene Begeisterung erfasste den intellektuellen Kunstliebhaber in ihm. Dieser unscheinbare Punkt von keinen fünf Zentimetern Durchmesser war die obere Spitze einer Messingstange, welche sich exakt einen vollen Kilometer tief in die Erde erstreckte. Allein der Bau dieses Monuments musste eine technische Meisterleistung gewesen sein!

Der Aufregung und seinem unterirdischen Orientierungssinn war es geschuldet, dass er nicht realisierte, noch vor fünf Minuten im Parkhaus genau unter diesem Punkt gewesen zu sein. Aber auch mit einem besseren Orientierungssinn hätte er wohl kaum realisiert, dass er seinen geliebten Saab 900 genau unterhalb dieses unscheinbaren Punktes geparkt hatte. Würde dieses Kunstwerk wirklich sein, was es vorgab, dann würde diese Stange genau durch den Motorblock ragen und sein Liebling würde sich nie wieder bewegen. Es würde vielleicht einem ähnlichen Schicksal anheimfallen, wie der VW Käfer am Troll von Fremont. Nur das dies hier ein echtes Kunstwerk war und kein ordinäres Populärmonument, eine erbärmliche Touristenattraktion. Dies hier hingegen… ihm fehlen die Worte, und da der Autor sich auch nicht in einen solchen Verstand hinein denken kann, muss es dabei bleiben.

Auf dem Weg zu seinem nächsten Ziel wird er einen weiteren Zwischenstopp einlegen, auch wenn die Zeit drängt. Es gibt noch so viel zu sehen und zu bewundern. Eine fünffach vergrößerte Spitzhacke zum Beispiel, oder drei Steinkugeln, welche in den Ästen eines künstlichen Baumes befestigt sind. Die nächste Station ist aber erst einmal ein Getränkeladen. Natürlich handelt es sich auch hierbei um keinen gewöhnlichen Laden. Zu einem sagenhaft günstigen Preis von nicht einmal vier Euro pro Liter würde er hier entstörtes und energetisch aufgeladenes Kristallwasser bekommen. Gegen den Uhrzeiger drehend! Schon allein dafür hätte sich die Anfahrt gelohnt.

Er ignorierte die bunten Statuen auf dem Sims der Säulenhalle rechts von ihm. Ganz abgesehen davon, dass sie bunt waren, und Statuen nicht bunt zu sein hatten, wenn sie nicht gerade als populäre Touristenattraktion herhalten sollten, standen sie nicht in seinem Kunstführer und waren demnach auch von keinem artistischen Interesse. Statuen aufstellen konnte jeder. Kunstwerke schaffen, das war eine ganz andere Nummer. Aber was verstand der einfältige Normalbürger davon schon? Diese Leute bildeten sich ja schon bei einem einfachen Besuch im Industriemuseum ein, zur intellektuellen Elite zu gehören.

Um sich von der Beleidigung zu befreien, die dieser bloße Gedanke mit sich brachte, warf er mit einer imposanten Geste seinen Schal aus handgekämmter Seide zurück und stolzierte vor der genervt klingelnden Straßenbahn entlang. Das Leben als Kunstliebhaber konnte schon wahrlich schwer sein.

2016-07-31 16.08.28

Die Rakete von Fremont

Seit der Mensch denken kann, will er hoch hinaus. Der Traum vom Fliegen ist älter als die Geschichtsschreibung, der Traum, zu den Sternen zu fliegen nur unwesentlich jünger. Inzwischen beherrschen wir beides mehr oder minder gut, doch an Reiz hat es deswegen nichts verloren. Als nun 1991 die Nachricht Fremont erreichte, dass in Bell Town eine überschüssige Rakete aus dem beginnenden Kalten Krieg 1950 verschrottet werden sollte, machten sich Vertreter der Künstlergemeinde sofort auf den Weg.

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Nach einer Grundsanierung und einem fehlgeschlagenen Versuch 1993, konnte die Rakete am dritten Juni 1994 „nach fünf Minuten Suborbitalflug“ auf ihrer aktuellen Position aufgesetzt werden. Ausgerüstet mit einer neuen Nase, neuen Flügeln und dem Wappen und Motto von Fremont, „De Libertas Quirkas“, hat sie sich zu einem kleinen Wahrzeichen entwickelt. Es besteht die Hoffnung, die 16 Meter hohe Rakete in Zukunft zur Sendeantenne von Fremonts eigenem Radiosender zu machen. Wenigstens vorerst wird sie ansonsten wohl nirgendwo sonst hinfliegen, obwohl der Rauch an ihrer Basis es immer wieder ankündigt.

Wer die Rakete sucht, der findet sie unweit der Lenin Statue an der Ecke Evantson Ave und 35th Street.

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Seattles Lenin

Was gibt es Schöneres, als an einem sonnigen Nachmittag bei einem Getränk seiner Wahl mit Freunden gemeinsam auf der Terrasse eines Cafés zu sitzen, das Wetter zu genießen und den Menschen zuzusehen? Diese Frage mag jeder für sich individuell beantworten und zugegebenermaßen, wenn die Terrasse aus den Tischen und Stühlen eines Straßencafés an einer Kreuzung ist, dann erst recht. Aber diese Kreuzung ist nicht so ganz gewöhnlich.

Sie liegt mitten in Seattles Stadtteil Fremont, an der Kreuzung der Evanston Ave, Fremont Pl und N 36th Street. Angrenzend finden sich etliche schmucke Häuschen und Hecken, hinter denen sich Gärten und Terrassen verbergen. Es sieht gepflegt und modern aus, hat sich aber trotzdem noch etwas den Charme eines Künstlerviertels bewahrt. Eine fast normale Hauptstraße, mit Straßencafés, Bars und Bummelmöglichkeiten. Wenn nicht Wladimir Iljitsch Lenin mit fast 4 Metern Höhe und über 7 Tonnen Gewicht über eben diese Kreuzung wachen würde.

Leninstatue vorne

Da läuft man gerade durch die Straßen eines Landes, welches seit mehr als sechzig Jahren die Angst, eher sogar eine paranoide Panik, vor allem kommunistischen gelehrt bekommen hat. Einem Land, in dem alles kommunistische dermaßen Böse ist, dass selbst eine soziale, allgemeine Krankenversicherung, die gut und gerne 85 % der Bevölkerung bitter nötig hat, als das ultimative Böse bekämpft wird. Und plötzlich steht man vor dem Erzfeind, dem Gründervater jener sozialistischen Nemesis. Was ist passiert?

Zehn Jahre lang arbeitete der slawische Künstler Emil Venkov an der Bronzestatue, ehe sie 1988 in Poprad, in der Slowakei aufgestellt werden konnte. Auch wenn sie den Maßgaben der Regierung entsprach, ist sie dennoch einzigartig. Es wird angenommen, dass es die weltweit einzige Statue von Lenin ist, welche ihn nicht als Intellektuellen mit Buch zeigt, oder seinen Hut wedelnd, sondern umgeben von stilisierten Waffen und Flammen. Ein subtiler Protest, welcher die blutige Revolution hervorheben soll, ein Ausdruck der politischen Überzeugung des Künstlers.

Leninstatue hinten

Stilisierte Waffen und Flammen auf dem hinteren Sockel der Statue. Und eine rote Hand als weniger subtiler Protest.

Doch schon nach nur einem Jahr war die Karriere der Statue vorerst vorbei, die Sowjetunion zerbrach und der eiserne Vorhang fiel. In der Revolution von 1989 wurde die Statue gestürzt und von Lewis Carpenter entdeckt, welcher zu dieser Zeit in Poprad unterrichtete. Er erkannte Venkovs Fähigkeiten und die Qualität der Statue und setzte sich dafür ein, sie zu bewahren. Er importierte sie in die USA und starb 1994, ehe ein dauerhafter Standort für sie gefunden werden konnte. In Fremont hat sie einen temporären Standort gefunden, wo sie gesehen, von der Öffentlichkeit bewundert werden kann und an ein wichtiges Kapitel der Geschichte erinnern soll. So lange, bis sie einen Käufer findet und einen Platz im Museum, um ihren Erinnerungsauftrag fortzuführen.

Die Statue in Fremont aufzustellen löste eine ziemliche Debatte unter den Anwohnern aus. Die politische Symbolkraft des Kunstwerks stand dem handwerklichen und bildhauerischen Können des Künstlers entgegen. Unter den öffentlichen Kunstwerken Fremonts ist dieses vielleicht das, welches am stärksten polarisiert. Nicht zuletzt aufgrund der jahrzehntelangen politischen Bildung löst es bei vielen seiner Betrachter wohl die stärksten Gefühle aus, ob positiv oder negativ. Trotzdem, oder auch deswegen, ist es eine beliebte Station der Trollaween Parade, welche alljährlich zu Halloween vom Fremont Troll aus durch den Stadtteil zieht.

Leninstatue Gegenlicht

Der Fremont Troll

Der Legende nach lebte unter der viel befahrenen Aurora Bridge in Seattles Stadtteil Fremont einst ein Troll. Ein Ungetüm, groß wie ein Haus, welches angeblich im Reisegepäck skandinavischer Holzarbeiter seinen Weg hierher gefunden hat. Im Hinterland des Industriegebiets am Nordufer des Lake Union fand er reichlich Nahrung, in Form von unvorsichtigen Saufbolden, Kindern, die sich des Nachts aus dem Haus schlichen und gelegentlich einem Auto und dessen Insassen. So muss er einige Zeit gut gelebt haben, im Schutz der Brücke und der Nächte.

Doch das Stadtbild wandelte sich. Die Industrie zog weiter, als sich die Vororte von Seattle um den See herum ausbreiteten. Zurück blieben leere Hallen und Fabriken, in denen sich bald schon eine Bevölkerungsschicht ansiedelte, die klassischerweise arm, eher dünn und schlecht genährt ist: die Künstler. Für Fremont hieß das, die grauen Fabrikanlagen bekamen etwas bunte Farbe ab. Für den Troll hieß das, seine Suche nach Nahrung wurde erschwert. Immer wieder musste er seine Streifzüge bis in die frühen Morgenstunden ausdehnen.

Seattle Fremont Troll Ave

Dann, eines Nachts, im Herbst 1990, legte ein junges Pärchen einen Zwischenstopp unter der Aurora Bridge ein, auf ihrem Roadtrip entlang der Küste. Diese Reise war ihre Art, ihr einzig wahres Idol und den König, Elvis, hochleben zu lassen. Unter dem Brückenkopf schienen sie die perfekte Übernachtungsmöglichkeit für sich und ihren VW Käfer gefunden zu haben. Dem Troll kam dies nach einigen ausgehungerten Nächten sehr gelegen und so wagte er sich früher an diesem verregneten Abend aus seiner Höhle. Er rechnete nicht mit dem Undenkbaren. Nämlich, dass ein letzter Sonnenstrahl der Abendsonne durch eine Wolkenlücke über der Salmon Bay schoss. Er traf ihn in dem Moment, als er den Käfer griff, um ihn in seinen Bau zu ziehen, und versteinerte ihn sofort.

Diese Geschichte ist natürlich frei erfunden und grober Unfug (fast), aber der Troll sitzt trotzdem an genau dieser Stelle unter dem Brückenkopf am Nordufer der Aurora Bridge. Er genießt eine wundervolle Aussicht auf das Ständerwerk der Brücke und den Fremont Cut, den Kanal, welcher Lake Union mit der Salmon Bay verbindet, ist etwa fünfeinhalb Meter hoch und wiegt solide 6,35 Tonnen. Sein Oberkörper wenigstens, denn mehr existiert von ihm leider nicht. Es ist eine Statue aus Stahl und Beton, mit einem etwas mürrischen Gesichtsausdruck, welche pünktlich zu Halloween 1990 dort ihre Enthüllung erfuhr und seitdem eines der Wahrzeichen Fremonts und auch Seattles ist.

Seattle Fremont Troll II

Die Geschichte des Fremont Trolls beginnt im Jahre 1989, als dem Fremont Art Council vorgetragen wurde, dass man mit dem leeren Raum unter der Brücke etwas Schönes anfangen sollte. Der Ort hatte sich zur illegalen Müllkippe und einem bevorzugten Umschlagplatz für den lokalen Drogenhandel entwickelt. Der Council schrieb also einen Wettbewerb aus und stellte gleichzeitig die Jury, welche die eingegangenen Vorschläge auf fünf Finalisten zusammenfasste. Diese fünf Besten sollten dann als Modell auf dem Stadtfest den Bürgern zur Wahl gestellt werden. Der Troll des Teams „Jersey Devils“ unter Steve Badanes gewann die Abstimmung dermaßen überragend, dass die anderen Teilnehmer nicht einmal mehr Erwähnung finden.

Das Design des Trolls und seine Geschichte als Menschenfresser ist vor allem an den norwegischen, aber auch etwas den schwedischen Trollen orientiert. In beiden fällen können Trolle riesengroß werden, haben lange Haare und oft auch lange Bärte und einen außergewöhnlichen Hunger auf Menschenfleisch. Sie sind dabei nicht wirklich böse, oder werden nicht als böse Kreaturen wahrgenommen. Auch wenn sie gerne Streiche spielen und Menschen fressen, das ist einfach ihre Natur, für die sie nichts können. Die Inspiration zu diesem Kunstwerk und seine Geschichte entstand wohl in Anlehnung an eine alte (norwegische?) Volkssage um drei Ziegen, welche auf dem Weg zu ihren Bergweiden über eine Brücke müssen, unter welcher ein Troll lebt. „The Billy Goats Gruff“.

Seattle Fremont Troll

Für den Bau des Kunstwerks wurden Stahl, Draht, etwa zwei Tonnen Stahlfaserbeton und ein originaler Käfer mit Nummernschild aus Kalifornien und Erinnerungsstücken an Elvis Presley verbaut. Nummernschild und Elvis Memoria sind durch Vandalismus an der Statue inzwischen verschwunden. Der Käfer ist zur Hälfte unter der linken Pranke des Trolls begraben, mit der Rechten stützt er sich auf dem Boden ab. Es wirkt, als würde er sich vorbeugen, den Kopf mit den langen Haaren, dem Rauschebart und der riesigen Nase hervor strecken. Gerade so, als würde er sich über das rote Auto hinweg aus seiner Höhle ziehen.

Besucher werden dazu aufgefordert, mit dem Troll zu interagieren, auf ihn draufzuklettern (soweit das möglich ist) und ihm in das eine sichtbare Auge zu piksen. Als sein Auge dient übrigens eine Radkappe des Käfers. Die Interaktion umfasst offenbar nicht nur Gekletter, sondern auch bunte Kreide.

In seiner Funktion als Wahrzeichen des Stadtteils dient er als Startpunkt der jährlichen Halloween Parade. Diese ist eigentlich nur ein Randprodukt der „Trollaween Party“ und führt an diversen kuriosen Sehenswürdigkeiten des Ortsteils vorbei. Im Sommer ist der Troll Gastgeber des Theaterfestivals „Shakespeare at the Troll“, wo er als Bühne für ein heiteres Straßentheater herhalten darf. Gelegentlich bekommt er auch eine saisonale Verkleidung. Die Krönung als Wahrzeichen dürfte der Troll allerdings 2005 erfahren haben, als die Straße, über welche er wacht, zu seinen Ehren in „Troll Avenue“ umbenannt wurde.

Fußläufig vom Troll aus zu erreichen befindet sich der Firmensitz von Geocaching.com. So taucht der Troll auch immer wieder in diesem Zusammenhang auf und ist sogar Wächter über seinen ureigenen Cachepoint.