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It‘s the end of the world as we know it

It‘s the end of the world as we know it

 

Es ist so weit, die Apokalypse ist offiziell angekündigt. Das System ist zusammengebrochen und hat sich abgemeldet. Okay, nur das duale System. Jahre der Umwelterziehung fallen einer Krise zum Opfer, die sich den meisten Menschen in erster Linie durch Massenhysterie um ausverkauftes Klopapier bemerkbar macht. Die lokalen Stadtreiniger kürzen alles zusammen und leeren ab sofort nur noch den Restmüll. Wer keinen eigenen Kompost auf dem Balkon hat, möge ihn bitte im Restmüll entsorgen, auch die Papiertonnen werden auf unbestimmte Zeit nicht mehr abgefahren, Wertstoff- und Recyclinghöfe bleiben ebenso geschlossen.

Die Krise hat Deutschland fest im Griff. Schulen und Kindergärten sind genau so geschlossen wie die Konsumtempel. Bei bestem Frühlingswetter sollen die Menschen motiviert sein, sich in ihre vier Wände zurückzuziehen, nur die nötigsten Ausflüge zum Supermarkt oder Arzt zu unternehmen, nach Möglichkeit von zuhause aus zu arbeiten, um keine Kollegen zu infizieren und grundlegende Hygieneregeln wie Händewaschen zu beachten. Treffen mit Freunden? Lieber nicht, und wenn nötig, bitte nur in kleinen Gruppen und mit ausreichend Abstand.

Flatten the curve! Streckt die Neuinfektionen über eine möglichst lange Zeit, damit das Gesundheitssystem es auch auffangen und bearbeiten kann. Und über allem schwebt, bzw. fällt inzwischen das Damoklesschwert der Ausgangssperre als letztes Mittel der Politik, der Situation noch, wenn schon nicht Herr, dann wenigstens aber doch Lehrling zu werden.

Die Leute lassen sich davon kaum abhalten. Solange die Cafés geöffnet sind, sitzen sie auch voll. Nur langsam nimmt der Abstand zwischen den Passanten zu und nur langsam nimmt die Zahl derer ab, die sich dazu entschließen, das Wetter mit Freunden, Verwandten und Bekannten im Park zu verbringen. Immerhin ist doch fast perfektes Wetter zum Grillen. Was fällt Mutter Natur auch ein, da einen Strich durch die Rechnung machen zu wollen? Es wirkt beinahe trotzig, wie etliche Leute sich nun in Gruppen in der Sonne sammeln.

Einige halten sich trotzdem an die Aufforderung, zuhause zu bleiben. Wenigstens haben sie ihre eigene Interpretation dessen, was gefordert wird. Mit Hamsterkäufen und allem was dazu gehört. Auf dem Heimweg von der Arbeit kann man die Ströme von Menschen beobachten, die Massen an Lebensmitteln aus den Supermärkten schleppen. Bei den meisten ist der Blick eher nach innen gekehrt. Nur die, die noch eine Packung Klopapier ergattert haben, gucken irgendwie eher beschämt.

Aus der Fußgängerzone schallt das Rattern der Skateboards. Eine Gruppe Jugendlicher nutzt die Schulsperrung, um dieses Hobby noch einmal aufleben zu lassen. Noch ist die Ausgangssperre schließlich nicht in Kraft getreten. Viele Passanten machen dennoch lieber einen Bogen um die kleine Gruppe, die sich um Bluetooth Box und Palette Energydrinks in Dosen versammelt hat. Ein altes Ehepaar schüttelt verständnislos die Köpfe darüber, bevor sie sich zu ihren Freunden ins Café setzen. Zwei Radfahrer rauschen vorbei. Sie sind offensichtlich nicht auf dem Heimweg von der Arbeit oder zum Einkaufen, sondern nur auf Spazierfahrt unterwegs.

Eine Querstraße weiter staut sich der Verkehr hinter einem Lastwagen, der gerade seine Baustelle beliefert. Die Arbeiter können auf Mindestabstände hier keine Rücksicht nehmen und auch der Innenausbau ist im Homeoffice kaum zu realisieren. Spaß an der Arbeit sieht bei den meisten anders aus. Einzig der König der Baustelle in seinem Kran und der LKW Fahrer gucken, als würden sie das Wetter genießen können. Wobei der Kranfahrer sich auch über sein Pausenbrot freuen könnte, welches er gerade mit einem Bier hinunter spült. Natürlich alkoholfrei! Nicht, dass ich das von hier unten erkennen könnte, aber ich unterstelle es ihm. Denn Arbeitssicherheit gilt immer noch, da wird im Kran bitte nicht gesoffen.

Von dort oben kann er sicherlich auch in den Innenhof im übernächsten Block gucken. Die Abendsonne scheint jedenfalls eifrig hinein, spiegelt sich in einigen Fenstern und wird von den zahlreichen offenen Balkontüren geschluckt. Die ersten Blumenkästen sind bunt geschmückt, Balkonmöbel werden raus gestellt und irgendwo tönt R.E.M. aus einer Wohnung. It‘s the end of the world as we know it hallt durch den offenen Hof auf die Straße, auf einzelnen Balkonen wird getanzt. Es hat etwas von Urlaubsstimmung. In der oberen Etage wirft jemand eine Bierflasche über die Ecke auf den benachbarten Balkon. Sein Freund versucht sie mit einem Kissenbezug zu fangen. Man hört das Reißen des Stoffs, bevor die Flasche dumpf auf dem Balkon zerschellt. Ich höre nur noch das Fluchen, als ich um die Ecke verschwinde.

It‘s the end of the world as we know it and I feel fine begleitet mich auf den Metern bis zum letzten Supermarkt vor der eigenen Haustüre, und irgendwie scheint es das passende Motto der Krise zu sein. Eines ist hier sofort deutlich: Es gibt noch Toilettenpapier! Wein in Tetrapacks, Konservendosen und Klopapier, das dominiert hier das Bild der Einkaufstüten. Die Prioritäten sind klar gesetzt.

Die Kassiererin sitzt hinter einem improvisierten Spritzschutz aus Bilderrahmen und Folien, an der Türe begrüßt mich der Hinweis, bitte mindestens 1,5 m Abstand zu anderen Kunden zu halten und mit Karte zu zahlen. Alles, was mir noch fehlt, sind Kartoffeln und Paprika. Dafür sollte es doch heute noch reichen. Selbst in der Ausgangssperre darf man sich schließlich mit frischen Lebensmitteln versorgen. Vielen scheint das nicht so ganz bewusst zu sein.

Was mich am Ende am meisten beunruhigt, ist, dass ich meine Umgebung nicht verstehen kann. Da sind einerseits die völlig Sorglosen, denen alles egal zu sein scheint, die sich über die Grippewelle vermutlich sogar etwas freuen.Und auf der anderen Seite die Hamsterkäufer und Hysteriker, die sich mit Vorräten für Jahre eindecken, um zwei bis drei Wochen in ihrer Wohnung verschwinden zu können. Wo ist das gesunde Mittelmaß geblieben? Achtsamkeit und Rücksicht auf seine Mitmenschen, Einhaltung der Basishygiene, Gelassenheit und ruhiges Abwarten.

Tut es wirklich so weh, einmal nicht mit den Kollegen im Büro zu kuscheln, auf die dritte Party in dieser Woche zu gehen und sich mit fremden Menschen in viel zu kleine Straßencafés zu quetschen um teuren Kaffee zu schlürfen? Ist es wirklich unzumutbar, darauf hinzuweisen, medizinische Notfallausrüstung auch für medizinische Notfälle verfügbar zu halten und nicht literweise Desinfektionsmittel zu horten? Offenbar ist das zu viel verlangt! Und wenigstens fürs Erste haben R.E.M. recht und es ist wirklich das Ende der Welt, wie wir sie kennen. Aber das war noch nie etwas Neues. Es ändert sich immer wieder alles und ein neues „Normal“ stellt sich ein. Wenigstens bis im Sommer die nächste Hitzewelle kommt und den nächsten Ausnahmefall mit bringt. Und gegen Hitze hilft Klopapier genau so gut, wie gegen Grippe. Wenigstens ist Hitze nichts ansteckendes, ihre Opfer dafür umso abstrakter.

Bleibt gesund!!

Ein Auto ist auch nur ein Mensch

Technik entwickelt sich immer weiter. In unserem Alltag können wir das besonders schön an Smartphones, unserer Stromrechnung und im Auto sehen. Besonders der letzte Punkt ist für mich markant, denn ich fahre kaum Auto, und wenn, dann sind es meist Modelle, die höchst rudimentär sind oder so alt, dass jede unterstützende Technik inzwischen defekt und abgeschaltet ist. Luxus ist bereits eine Klimaanlage und eine Musikanlage, die sich per Bluetooth mit dem Smartphone koppeln lässt. Tempomat ist nur dann eine Option, wenn man lange Strecken auf leeren Autobahnen zurücklegt. Schließlich fährt jeder sein eigenes Tempo und man muss ihn laufend raus nehmen, um nicht mit langsameren Fahrzeugen auf freier Strecke zu kollidieren. Und wenn man ihn nach einer längeren Baustelle dann doch wieder aktivieren will, macht er einfach irgendetwas, was im Zweifel hoch gefährlich sein kann. Mir ist diese Technik einfach suspekt. Sie kann zu viel, um sie völlig zu ignorieren, aber auch viel zu wenig, um irgendwie nützlich zu sein.

Wäre da nicht die Sache mit dem technischen Fortschritt. Denn wie ein kleines Kind, hat auch die Technik inzwischen dazu gelernt und ist etwas reifer geworden. Man mag es ja kaum für möglich halten! Und ich komme tatsächlich einmal in die Verlegenheit, in einem neuen Auto zu sitzen, was diese neue Technik sogar besitzt. Eine Armada von Radarsensoren um das ganze Fahrzeug herum beobachtet den Verkehr und bremst eigenständig, wenn der Weg nach vorne nicht frei ist. Und wenn man schon einmal dabei ist, macht man auch die Augen auf, und erkennt die Fahrspur. Und das Auto lernt sogar, damit umzugehen.

Wie ein stolzes Kind seinen Eltern etwas präsentiert, so will jetzt auch das Auto mit den neuen Fähigkeiten angeben. Ein Auto ist schließlich auch nur ein Mensch. Mit Charakter und Persönlichkeit und so. Ein Kind lernt Fahrradfahren, erst etwas wackelig, dann immer sicherer, und guck mal! Schon ganz alleine, ohne Hilfe! Nein, nicht loslassen!! Die Sicherheit der elterlichen Hand im Rücken braucht es noch. Aber guck mal, ich kann das schon alleine! Du sollst nicht Helfen… aber auch nicht loslassen. Und das Auto?

Das hat selber Fahren gelernt. Guck, so schnell darf ich, also fahre ich so schnell, aber nur wenn vorne alles frei ist. Sonst fahre ich aber immerhin so schnell, wie der vor mir. Und guck mal, ich kann sogar die Straße sehen und weiß, wo es lang geht. Neben mir fährt jemand anders, also bleibe ich hier auf der Spur. Guck, ich kann sogar alleine lenken, sogar fast so gut wie Du! Sieh zu, ich zeig es dir. Lass mich das machen… Hey! Nicht das Lenkrad loslassen! Aber guck, siehst du? Ich kann das schon eigentlich alleine!

So oder so ähnlich erschien mir das Auto auf unserem gemeinsamen Weg über die Autobahn. Wie ein stolzes und zugleich etwas bockiges Kind, was etwas tolles Neues gelernt hat, und es jetzt unbedingt präsentieren muss. Es will Verantwortung und weiß, dass es die Aufgabe auch eigentlich schon bewältigen kann, aber traut sich noch nicht so ganz. Vielleicht darf es auch nicht (was wahrscheinlicher ist, da wir ja immerhin in Deutschland sind. Die rechtliche Situation für autonome Fahrzeuge ist bislang weit davon entfernt, klar zu sein).

Noch befindet es sich in einem Zwischenbereich, wo das Kind zwar noch wackelig fährt, aber doch schon fast ganz ohne festgehalten zu werden. Es nimmt einem Arbeit ab, verleitet aber gleichzeitig dazu, sich ablenken zu lassen, um dann vom Bordcomputer angemeckert zu werden, gefälligst wieder die Kontrolle zu übernehmen. Es kann zu viel, um es nicht zu nutzen, aber leider auch noch zu wenig, als dass man ihm die Zügel komplett in die Hand geben könnte. Eines kann man jedenfalls sagen: Die Technik reift rasant und wir können gespannt sein, was noch alles auf uns zu kommt.

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Arbeitskräfte gesucht!

„Deutschland ist eine Innovationsnation! Wir haben kaum noch natürlich Rohstoffe, die wir fördern können, also ist unser Rohstoff Know-how und Innovationskraft. Darum ist es wichtig, dass ihr euch Mühe gebt, einen guten Abschluss erlangt und etwas Sinnvolles studiert. Deutschland braucht Ingenieure!“

So oder so ähnlich habe ich es damals nicht nur einmal in der Schule zu hören bekommen. Ich erinnere mich nur an eine Realschullehrerin, die von dieser Linie abgewichen ist und die Klasse mahnend erinnert hat: „Handwerk hat goldenen Boden.“ Daran erinnere ich mich inzwischen fast jeden Morgen, wenn ich im Badezimmer stehe und mich das Radio mit der einsetzenden Werbung daran erinnert, dass ich mal wieder zu sehr getrödelt habe. Der Werbeblock besteht hier zu einem guten Teil inzwischen nicht mehr aus „Kauf unseren Scheiß!“-Geblöke, sondern aus „Bitte arbeite für uns!“-Aufrufen.

Maschinenbauer, Tischler, Stahl- und Industriebaufirmen, Supermarktketten und Pflegeeinrichtungen wetteifern mal mehr oder weniger lautstark und kreativ um Personal. Man möchte meinen, wir hätten die Vollbeschäftigung längst hinter uns gelassen. Und vor diesem Hintergrund bekommen im Internet immer noch Leute Gehör, die im Fieberwahn predigen, „die Ausländer“ würden uns die Arbeit wegnehmen und alle nur kriminell sein? Da muss so einiges schiefgelaufen sein, aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.

Das Werben um Arbeitskräfte beschränkt sich auch nicht aufs Radio. Genau so finden sich die Anzeigen in der Zeitung, sei es nun das Gratis-Käseblatt, was hier jeden Mittwoch im Hausflur liegt oder die Lokalzeitung. Einmal im Jahr bricht hier dann auch noch der Kleinkrieg aus und die Krankenhäuser und Pflegeheime der Region werben mit Plakatwänden und an Bushaltestellen mit dem besseren Arbeitsklima, dem höheren Gehalt oder den besseren Zusatzleistungen. Nur eines ist mir dabei aufgefallen: Niemand wirbt um Akademiker.

Erst sollten wir alle an die Uni und nun haben wir doch alle aufs falsche Pferd gesetzt?

Vielleicht, ich weiß es noch nicht. Ich weiß nur, dass man als gelernter Dachdecker, Klempner oder Einzelhandelskaufmann/-frau/-mensch (ich gebe es zu, ich kann nicht gendern. Tut mir leid!) auf der Party weniger anerkennende „Whoa“-s bekommt, als beispielsweise Mediziner oder Ingenieure. Pflegekräfte bekommen da schon eher mal mit „In dem Job würde ich ja sofort kaputt gehen“ so etwas Ähnliches wie versteckte Bewunderung. Arbeit in der Knochenmühle wird wertgeschätzt, aber machen will es trotzdem niemand.

Klar brauchen wir Ingenieure, aber wer soll denn das alles bauen, was sich die schlauen Köpfe da alles ausdenken?

Ich bin Teil des Problems. Meine Arbeitskraft wandert ebenso an einen Schreibtisch und nicht in die Produktion wie bei den anderen Absolventen. Ich habe mich als Handwerker versucht und beschlossen, dass ich dafür nur mäßig geeignet bin. Vielleicht war ich auch einfach viel zu optimistisch, was die Innovationsbereitschaft in Europa generell betrifft. Nicht erst seit gestern wird schließlich der große Durchbruch der Roboter prognostiziert. Durchgeführt wird er sehr viel zögerlicher als nötig.

ICE-Trassen und die darauf fahrenden Züge sind mit der nötigen Signaltechnik ausgestattet, um sie mit nur geringem Aufwand autonom fahren zu lassen. Die Sensortechnik ist inzwischen ausgereift genug, um selbst konventionellen Bahnbetrieb robotisch abzuwickeln, nur die Fahrzeuge müsste es geben. Und die rechtliche Grundlage. Wo, wenn nicht auf der Schiene, könnte man mit einem solchen System beginnen? Nirgendwo sonst sind die Anforderungen an autonomes Fahren so überschaubar wie dort. Stattdessen beklagen die Bahnbetriebe fehlende Lockführer und planen fest mit Sechstagewochen. Stattdessen erzählen mir die Lockführer selbst, wenn ich sie danach frage, dass autonomer Schienenverkehr nicht kommen wird, solange sie noch die Hakenkreuze von den Triebwagen abkratzen müssen, um auf deutschen Schienen fahren zu können. Stattdessen werden immer mehr Fahrassistenten für Autos entwickelt, welche mehr und mehr Autonomie erlauben. Kommen wird es trotzdem nicht so schnell, denn die Rechtslage ist hierbei immer noch ungeklärt.

Als ich mich damals gegen das Handwerk und für den Hörsaal entschieden habe, wusste ich davon allerdings noch nicht viel. Die Technik existierte auch einfach noch nicht. Was aber bereits existierte, waren CNC-Fräsen und Industrieroboter in unterschiedlichsten Ausprägungen. Wie schwer kann es da sein, die beiden Technologien zu kombinieren? Da braucht es noch nicht einmal die später aufgekommenen 3D-Drucker, um gesamte Produktionen automatisieren zu können. In einem handwerklichen Praktikum habe ich zu Schulzeiten noch Tage in der Werkstatt verbracht und von Hand an einem Werkstück gesägt und gefeilt, was zwar am Ende durchaus passabel war, mich aber in einer Überzeugung absolut bestätigt hat: Die Maschine kann das deutlich schneller und präziser als der Mensch.

Wir haben Technologien zur Verfügung, von denen unsere Vorfahren nicht einmal zu träumen gewagt haben. Wir haben offenbar auch den Bedarf dafür, denn ansonsten können viele Arbeiten einfach nicht ausgeführt werden. Dennoch kommt es nicht, oder nur sehr viel langsamer, als man vielleicht erwarten würde. Mich überrascht das immer wieder.

Ich vergesse immer wieder zu gerne, dass Deutschland ein digitales Entwicklungsland ist, dass „Vorsprung durch Technik“ zwar der Werbeslogan einer bekannten großen Marke hier ist, aber eben nicht viel mehr. Das Vertrauen in die Technik ist nicht da und was ich als logische Weiterentwicklung sehe, erscheint vielen eher als Dystopie. Exoskelette, welche in japanischen Krankenhäusern die Pflege schwerer Patienten erleichtern sollen, oder Roboter als Rezeptionist im Hotel werden als gruselige Kuriosität aus einem fernen und fremden Land präsentiert. Roboter im Gesundheitssystem gibt es zwar auch bei uns, aber nur im OP und nicht in der Pflege.

Die Anzeigen und Werbeclips, in denen „junge und dynamische Teams“ nach neuen Kollegen suchen, werden mich also noch eine Weile begleiten, bis der Druck irgendwann vielleicht doch so groß ist, dass auch unsere Systeme auf den Stand der Technik gebracht werden. Aber was das alles an Entwicklungen mit sich bringen wird, steht auf einem ganz anderen Blatt. So oder so stehen wir vor großen Herausforderungen.

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Geoengineering – Moin Senf

Nachdem es hier in letzter Zeit eigentlich nur noch um den Garten ging wird es allerhöchste Zeit für eine kleine Abwechselung. Mir begegnen in letzter Zeit vermehrt wieder Artikel zum Thema Geoengineering, und ich frage mich wieso? Warum ich bei diesen Berichten immer etwas skeptisch bin möchte ich euch in einem kleinen Beitrag gerne erläutern.

Habt ihr euch schon einmal mit dem Thema befasst? Wie ist eure Meinung dazu? Diskutiert gerne mit und vielleicht kann mich ja sogar jemand umstimmen.

Riesige Spiegelflächen im Orbit, die einfallendes Sonnenlicht in den Weltraum reflektieren, künstlich angelegte Wälder in den Wüsten dieser Welt, in der oberen Atmosphäre verstreute Aerosole, welche künstlich Wolken und damit Regen entstehen lassen sollen oder Ozeane voller Algenplantagen, in denen CO2 gebunden werden sollen. Alle diese Maßnahmen zählen zum Themenkomplex des Geoengineerings. Darunter versteht man die Beeinflussung des Weltklimas durch groß angelegte technische Maßnahmen. Der Mensch hat den Klimawandel maßgeblich verursacht, also soll er ihn auch wieder beseitigen, ist dabei die Devise. Die meisten Entwürfe setzen dabei beim Entfernen großer Mengen CO2 aus der Atmosphäre an.

Der Gedanke ist naheliegend. Immerhin ist es auch aus Sicht des Weltklimarates (IPCC) nicht mehr möglich, das 2-Grad-Ziel nur durch Klimaschutzmaßnahmen einzuhalten. Emissionen einsparen allein reicht also nicht mehr aus, um unser Wohlfühlklima zu retten. Aktiv werden müssen wir so oder so, es stellt sich nur die Frage, wie wirkungsvoll wir sein können.

Aber genau wie das vor einigen Jahren sehr emotional diskutierte Verfahren des Abscheidens und Untertageverbringen von CO2 bergen diese Methoden nicht kalkulierbare Risiken. Auch wenn die Klimaforschung weiterhin große Fortschritte erzielt, verstehen wir immer noch viel zu wenig über die Prozesse unseres Klimasystems, um die Folgen solcher Eingriffe zuverlässig abschätzen zu können.

Ganz abgesehen davon ist die wirtschaftliche Komponente nicht zu verachten, denn ob es nun um die Bewässerung und Düngung von Bäumen in der Wüste, die Bewirtschaftung von schwimmenden Farmen im Ozean, die Installation von Spiegeln im Weltall, CO2-Abscheidern oder das Ausbringen von Aerosolen in der Stratosphäre geht, in jedem Fall kostet es Geld. Wer will das bezahlen? Wer KANN das bezahlen? Die Kosten für solche Eingriffe liegen wenigstens im Milliardenbereich.

Und selbst wenn die Finanzierung stimmt, geht es um eingriffe, die das Klima und unsere gesamte Umwelt auf Generationen hin bestimmen werden. Wie stellt man sicher, dass man nicht langfristig einen größeren Schaden als einen Nutzen erzeugt?

Das Verbrennen fossiler Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas war auch einmal nicht nur das „kleinere Übel“, sondern der große Wurf, der alles besser machen sollte. Auch wenn es bereits Veröffentlichungen aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg gibt, die eine Klimawirksamkeit der Verbrennung von Kohle auf globalem Maßstab festgestellt haben, dauerte es seine Zeit, bis die Erkenntnis allgemein etabliert war. Wobei es selbst heute noch Menschen gibt, in deren Augen die Naturgesetze offenbar keine Gültigkeit besitzen.

Kritiker befürchten, dass eine Einführung von Geoengineeringmaßnahmen zur Folge haben wird, dass dies von der Industrie als Freifahrtschein gesehen werden könnte, Emissionen ungehindert in die Atmosphäre einzubringen. Schließlich könnten sie ja jederzeit wieder herausgefiltert und anderweitig entsorgt werden können.

Ein weiteres Argument gegen beispielsweise die Verpressung von CO2 in geologische Speicher ist der „überragende Erfolg“ von vermeintlich sicheren Atommüllendlagern. Bislang konnte auf der Erde keine einzige geologisch zuverlässig stabile Situation ausgemacht werden, die als Endlager brauchbar wäre. Für das flüchtige CO2 werden noch größere Probleme erwartet. Eine Verkippung von mühsam produziertem Holz oder sonstiger Biomasse untertage ist schon allein aus wirtschaftlichen Gründen nicht vorstellbar.

Dabei wäre genau das notwendig, denn die Rechnung ist eigentlich einfach. Material wurde aus einem stabilen fossilen Zustand in den atmosphärischen Kreislauf eingetragen und ist hier nun aktiv. Um den Effekt dauerhaft zu bekämpfen muss dieses Material wieder aus dem Stoffkreislauf entfernt und gebunden werden. Die Alternative ist ein verändertes System mit einem neuen Gleichgewicht, und auch wenn die Erde selbst damit kein Problem haben wird, es zeichnet sich doch ab, dass wenigstens der Übergang in dieses neue Gleichgewicht für uns Menschen nicht angenehm wird.

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Regelt das schon: Die Natur. Hier bei der Arbeit in einem alten Steinbruch und schwer beschäftigt, sich um sich selbst zu kümmern. Macht ja schließlich sonst keiner.

Das Volk hat gesprochen!

Volksentscheide bieten eine herrliche Angriffsfläche für Ironie und unfreiwillige Komik. Da soll abgestimmt werden, ob aus einem alten Parkplatz mitten in der Innenstadt ein begrünter Platz mit Tiefgarage darunter, oder ein Park mit größeren Bäumen wird. Die Entscheidung könnte kaum deutlicher sein. Es fehlt nicht mehr viel bis zur Dreiviertelmehrheit, mit der das Volk sich gegen eine Tiefgarage und für einen grünen Park entscheidet. Mitten in der Stau-geplagten Innenstadt irgendwo sogar ein naheliegender Gedanke. Der Verkehr soll aus der Stadt heraus, damit die Luftqualität sich verbessert und die Anwohner weniger Stress haben. Der Park ist billiger und kann sofort umgesetzt werden und bietet ohnehin eigentlich nur Vorteile. Immerhin hat die Initiative für den Park auch im Vorfeld eine musterhafte Werbekampagne gestartet. Da ist ein solches Wahlergebnis doch ein süßer und verdienter Lohn.

Besonders, da die Stadt derart dankbar mit zieht und den alten Parkplatz, ganz dem Wunsche der Bürger entsprechend, für den Verkehr sperrt, einige provisorische Bänke und Kübel mit Bäumen aufstellt, sowie eine Werbetafel mit Bildern, wie es denn einmal aussehen soll. Direkt in der auf den Bürgerentscheid folgende Woche. Der tatsächliche Umbau ist also beschlossen und soll in Kürze dann folgen. Konsequent und ohne langes Hantier, so direkt war Demokratie selten. Was wünscht sich der Bürger denn mehr?

Wer hat es erraten? Richtig! Natürlich Parkplätze! Auf einmal war es völlig unnötig, den Parkplatz so überhastet räumen und sperren zu lassen. Wo soll man schließlich jetzt parken? Und was sollen überhaupt die Bänke hier? Direkt an der Kreuzung hier will sich doch ohnehin niemand niederlassen. Die Empörung ist groß und die Verwunderung noch größer. Wer hätte auch ahnen können, dass ein Volksentscheid tatsächlich umgesetzt wird? Zugegeben, es war so angekündigt, aber seit wann wird umgesetzt, was die Politik beschließt?

Und so rächt sich ein demokratisches Element auf die gemeinste und hinterhältigste mögliche Weise: Es tut, was es soll! Denn ab und an wird der Wähler mit seiner Stimme durchaus gehört und welcher Volksvertreter möchte sich schon gegen das Volk stellen, welches er vertritt? Man kann allerdings etwas den Eindruck bekommen, dieses Volk weiß nicht immer so ganz, was es eigentlich möchte! Demokratie kann eine tolle Sache sein, das sollte niemand bestreiten. Aber damit sie funktioniert, muss der Wähler auch ein gewisses Interesse und Initiative zeigen. Wer gegen seine Interessen wählt, ist nämlich am Ende einfach nur selber schuld und macht das System schlecht.

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Kunstliebhaber

Missy hat sich gewünscht, also soll sie auch bekommen. Eine kleine Geschichte um den Kunstliebhaber aus dem Ausflug zum Vertikalen Erdkilometer. Auch wenn das Auto nicht so wirklich zerstört ist… (und ja, das ist als Satire zu sehen)

Drei Stunden war Karl Orph in seinem Saab 900 unterwegs gewesen, natürlich hauptsächlich auf Landstraßen. Das lag einerseits daran, dass der alte Saab nicht mehr fit genug für die Autobahn war, andererseits daran, dass die Autobahn ja viel zu schnöde war. Gerade recht für den arbeitenden Pöbel und die Kolonnen von Lkw, aber der intellektuelle Bildungsbürger war besser dran, wenn er auch etwas von der Gegend sah. Man wusste ja nie, über welches Kleinod man am Wegesrand stolpern konnte.

Allein auf dieser Reise hatte er fünf Mal Halt machen müssen. Einmal war es ein verwitterter Marienschrein gewesen, der seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, zweimal waren es etwas verfallene Perlen der Architekturgeschichte gewesen, deren Besitzer ganz offensichtlich keine Ahnung hatten, was für Schätze sie hier besaßen und einmal war das Sonnenlicht einfach nur dermaßen rührend durch eine kleine Baumgruppe gebrochen, dass er unbedingt eine Pause machen musste, um das Lichtspiel eine Minute ganz ergriffen zu bewundern. Der fünfte Stopp war einfach nur dem Drang der Natur geschuldet. Er hätte den dritten Kaffee mit Kurkuma und Zimt vielleicht doch besser aufheben sollen.

Drei Stunden, nachdem er am heimischen Atelier aufgebrochen war, parkte Karl Orph sein treues Gefährt nun in der Tiefgarage unter dem Theaterplatz. Auf sein Auto war er fast so stolz, wie auf seinen Namen. „Wie der Maler, nur etwas anders geschrieben“ sagte er immer, und es fiel ihm jedes Mal zu spät ein, dass es ja nur ein schäbiger Komponist gewesen war, und kein erhabener Maler. Freizeitkreativlinge, allesamt, diese Musiker. Dabei wusste doch jeder, dass die Königsdisziplin der schönen Künste die Bildhauerei war, gefolgt von der Malerei. Was war da schon ein Musiker?

Mit einer beinahe zärtlichen und demonstrativ ausladenden Geste holte er seine Tasche aus original kenianischem Watusileder aus dem Kofferraum. Darin fand sich sein Gluten freies Graubrot mit Bärlauchhumus und Münchener Stadthonig sowie sein Reiseführer, der ihn zu allen wichtigen Kunstwerken der Stadt geleiten sollte. Und davon gab es hier einige. Das Erste befand sich sogar direkt auf dem Theaterplatz, zu welchem er nun die Treppen hinauf stieg. Und es musste ein wahres Meisterwerk sein! Unscheinbar und doch unglaublich bedeutsam, provokativ und für den schnöden Pöbel fast unsichtbar. Diese Banausen würden es ohnehin nicht zu würdigen wissen.

Er fand das Meisterwerk recht mittig auf dem großen offenen Platz und, wie zu erwarten gewesen war, völlig unbeachtet von den Passanten. Völlig verzückt war er, wie er hier so stand, und mit verstehender Mine, sich über das Kinn streichend, auf den kleinen Messingpunkt inmitten der Betonplatte blickte. Eine erhabene Begeisterung erfasste den intellektuellen Kunstliebhaber in ihm. Dieser unscheinbare Punkt von keinen fünf Zentimetern Durchmesser war die obere Spitze einer Messingstange, welche sich exakt einen vollen Kilometer tief in die Erde erstreckte. Allein der Bau dieses Monuments musste eine technische Meisterleistung gewesen sein!

Der Aufregung und seinem unterirdischen Orientierungssinn war es geschuldet, dass er nicht realisierte, noch vor fünf Minuten im Parkhaus genau unter diesem Punkt gewesen zu sein. Aber auch mit einem besseren Orientierungssinn hätte er wohl kaum realisiert, dass er seinen geliebten Saab 900 genau unterhalb dieses unscheinbaren Punktes geparkt hatte. Würde dieses Kunstwerk wirklich sein, was es vorgab, dann würde diese Stange genau durch den Motorblock ragen und sein Liebling würde sich nie wieder bewegen. Es würde vielleicht einem ähnlichen Schicksal anheimfallen, wie der VW Käfer am Troll von Fremont. Nur das dies hier ein echtes Kunstwerk war und kein ordinäres Populärmonument, eine erbärmliche Touristenattraktion. Dies hier hingegen… ihm fehlen die Worte, und da der Autor sich auch nicht in einen solchen Verstand hinein denken kann, muss es dabei bleiben.

Auf dem Weg zu seinem nächsten Ziel wird er einen weiteren Zwischenstopp einlegen, auch wenn die Zeit drängt. Es gibt noch so viel zu sehen und zu bewundern. Eine fünffach vergrößerte Spitzhacke zum Beispiel, oder drei Steinkugeln, welche in den Ästen eines künstlichen Baumes befestigt sind. Die nächste Station ist aber erst einmal ein Getränkeladen. Natürlich handelt es sich auch hierbei um keinen gewöhnlichen Laden. Zu einem sagenhaft günstigen Preis von nicht einmal vier Euro pro Liter würde er hier entstörtes und energetisch aufgeladenes Kristallwasser bekommen. Gegen den Uhrzeiger drehend! Schon allein dafür hätte sich die Anfahrt gelohnt.

Er ignorierte die bunten Statuen auf dem Sims der Säulenhalle rechts von ihm. Ganz abgesehen davon, dass sie bunt waren, und Statuen nicht bunt zu sein hatten, wenn sie nicht gerade als populäre Touristenattraktion herhalten sollten, standen sie nicht in seinem Kunstführer und waren demnach auch von keinem artistischen Interesse. Statuen aufstellen konnte jeder. Kunstwerke schaffen, das war eine ganz andere Nummer. Aber was verstand der einfältige Normalbürger davon schon? Diese Leute bildeten sich ja schon bei einem einfachen Besuch im Industriemuseum ein, zur intellektuellen Elite zu gehören.

Um sich von der Beleidigung zu befreien, die dieser bloße Gedanke mit sich brachte, warf er mit einer imposanten Geste seinen Schal aus handgekämmter Seide zurück und stolzierte vor der genervt klingelnden Straßenbahn entlang. Das Leben als Kunstliebhaber konnte schon wahrlich schwer sein.

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Kunst um sich selber Willen

Kunst kann viele Gesichter und Ziele haben. Ein Bild, eine Skulptur, ein Musikstück, Statuen, im Grunde genommen kann alles Kunst sein. Sie kann ästhetisch erfreuen wollen, provozieren, zum Fragen oder Nachdenken anregen wollen, oder auch einfach nur existieren. Um sich selber Willen.

Und was bringt das dann? Ich verstehe Kunst, die etwas bietet. Es muss mir ja nicht gefallen aber immerhin erfüllt es eine Funktion, in der ein oder anderen Form. In den meisten Fällen ist leider der Fall, dass es eher durch das Gegenteil von Ästhetik provozieren will. Da braucht es wenig Geschick oder Kreativität und jeder kann es umsetzen. Es braucht nur einen Dummen, der es dann am Ende kauft, denn Kunst ist ja schließlich eine tolle Wertanlage und die großen Künstler der Vergangenheit wurden ja zu Lebzeiten sowieso verachtet.

Aber was für eine Funktion erfüllt zum Beispiel der „Vertikale Erdkilometer“ in Kassel? Eine Platte auf dem Boden in der Nähe des Theaters mit einem Messingpunkt in der Mitte. Keine Erklärung, keine Tafel mit Erläuterung, keine Beschriftung. Wer es nicht kennt, der läuft einfach darüber hinweg, als wäre es nicht da. Für die Meisten ist es auch genau das: Nicht da! Weil was soll denn da sein? Was ist damit?

Irgendwo findet sich vielleicht in einem Reiseführer der Verweis, dass es sich hierbei um ein Kunstwerk handeln soll. Angeblich handelt es sich bei dem kleinen Messingpunkt um das obere Ende einer Stange. Und diese Stange reicht einen vollen Kilometer tief in die Erde hinein. Senkrecht wurde sie hineingerammt, unter viel Lärm hinter einem hochgeschlossenen und rund herum dichten Sichtschutz.

Der intellektuelle Kunstliebhaber steht nun also auf dieser Platte, guckt verstehend nickend und ganz begeistert über dieser Platte. Längst vergessen hat er, dass er nach der langen Anreise sein Auto in der Tiefgarage direkt unter diesem Platz geparkt hat. Noch besser: Was er überhaupt nicht weiß, er hat genau den Parkplatz unter diesem Kunstwerk erwischt und es ist ihm überhaupt nicht aufgefallen, dass die Messingstange direkt durch den Motorblock ragt, oder vielleicht auch nicht, aber was tut denn das auch zur Sache?

Es war offenbar bereits zu viel der Planung, das Kunstwerk an eine Stelle zu setzen, wo wenigstens eine Säule des Parkhauses stehen würde. Nicht einmal die Illusion darf dem Kunstliebhaber erhalten bleiben, solange er über das stumpfe und isolierte Betrachten des Werkes hinaus gehen will. Effektiv bleibt am Ende nur eine Platte im Boden mit einem Messingpunkt, mehr nicht.

Eine solche Form von Kunst erschließt sich mir nicht. Es hat keine ästhetische Funktion, es provoziert nicht, weil es im Grunde kaum existiert, es wirft dementsprechend auch keine Fragen auf und regt entsprechend auch nicht zum Nachdenken an. Es ist ein Kunstwerk, was einfach nur existiert, um da zu sein. Vielleicht taugt es auch als Witz, für jene, die den Reiseführer gelesen haben oder einer Führung beigewohnt haben. So gesehen hat es vielleicht doch eine Funktion, abgesehen von seiner reinen Existenz. Reicht das aus?

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Das Kunstwerk in all seiner Pracht und Herrlichkeit. Der geneigte Kunstfreund und -versteher möge nun bedächtig nickend davor stehen und sich intellektuell das Kinn streicheln. Ich hingegen wünsche mir, dass eine Geschichte, wenn sie denn erzählt wird, etwas stichhaltiger sein möge.

Die Briten wollen … nochmal drüber reden?

Es ist jetzt bereits wieder zehn Monate her, dass die Briten per Volksentscheid für den Austritt aus der EU gestimmt haben und seit dem ist viel passiert. Eine Regierung ist zurückgetreten, einige Brexit-Initiatoren haben ihren Wählern die lange Nase gezeigt und sich zurückgezogen, die Scheidung wurde offiziell eingereicht und die aktuelle Premierministerin der Insel hat diese Woche spontan einmal Neuwahlen angekündigt.

Ich neige dazu, politische Entscheidungen die EU betreffend als innenpolitisch zu betrachten. Ich weiß, so weit sind wir (noch) nicht und werden es vielleicht auch nie, aber man darf ja hoffen. Ich habe meine Meinung zum Ausstieg der Briten und meine Haltung zur EU damals bereits hier gepostet (genauer hier und hier). Hat sich daran etwas geändert?

Viel jedenfalls nicht. Ich finde es immer noch ausgesprochen bedauerlich, dass die Briten diese Entscheidung getroffen haben. Es mag eine enge Entscheidung gewesen sein und ohne viel Rückhalt in Teilen der Bevölkerung, aber sie war demokratisch, wie Demokratie nun einmal funktioniert. Was die EU betrifft, so wurde der Warnschuss wohl auch gehört und viele Leute sind umhergehastet wie ein aufgeschreckter Ameisenhaufen, mit den dringend notwendigen Veränderungen rechne ich aber vorerst leider nicht. Dafür ist das System leider viel zu träge. Es würde einige Grundsatzreformen brauchen, für die sich die Verantwortlichen wohl kaum begeistern könnten.

Als ich nun die Nachricht von den Neuwahlen gehört habe, war mein erster Gedanke, dass es spannend sein könnte, wie gut eine Partei abschließt, die für den Rückzug der Scheidung eintritt. Eine solche Partei wird nur leider nirgendwo erwähnt. Stattdessen geht es offenbar nur darum, dass sich Frau May ihres Brexit-Kurses rückversichern will. Mir ist bewusst, dass es utopisch gewesen sein mag, auf einen Verbleib in der EU zu hoffen, auch wenn von britischer Seite bereits deutlich signalisiert wurde, dass man wohl nicht so völlig weg sein will. Immerhin der Handel soll offen bleiben. Wer will es ihnen schon verübeln, es mit dem Rosinenpicken wenigstens zu versuchen?

Dennoch hatte ich im ersten Moment die Hoffnung, dass hier nun wenigstens wieder zaghaft an zugeschlagene Türen geklopft werden würde. Die EU mag viele Fehler haben, schon allein deswegen, weil sie recht ungefiltert aus einer reinen Wirtschaftsunion hervorgegangen ist. Es fehlt an Transparenz, Demokratie und Zusammenhalt. Stattdessen gibt es Korruption, Lobbyismus und undurchsichtige Hinterzimmerverträge. Wieso sollte hier etwas akzeptiert werden, für das jede nationale Regierung scharf kritisiert werden würde? Aber um das zu ändern, braucht es starke Partner, die auch bereit sind, ihre Verpflichtungen anzunehmen und anzugehen. Der Austritt ist die bequemere Lösung und nach den Briten liebäugeln auch die Franzosen mit dem Modell.

Statt europäischen Gedanken macht sich Populismus breit. Es klingt so harmlos und geht doch so viel tiefer. Ignorante Kurzsichtigkeit und unreflektiertes Aberkennen von Rechten, erst einmal nur bei „den Anderen“ aber letztendlich doch auch bei sich selbst. Das kann niemand hier gebrauchen. Ich denke, mehr Europa kann uns eigentlich recht gut tun. „Ja aber was ist mit den kulturellen Besonderheiten?“ Multikulti ist ja in den Augen mancher schließlich Gift. Dabei kann man Gutes doch einfach behalten und weiter pflegen.

Mit der Gründung von Deutschland ist doch z. B. auch der rheinische Karneval oder das Oktoberfest nicht verschwunden. In Friesland stehen immer noch Reetdächer, unter denen man auf die Polder gucken kann und französischer Wein ist durch die Grenzöffnungen kein Stück schlechter geworden. Okay, über britische Küche mag man streiten. Da gibt es Dinge, die sie besser können.

Ich bleibe dabei. Die EU kann etwas sehr Gutes sein. Vielleicht möchten ja auch eines Tages die Briten, oder wenigstens Teile der Insel, wieder mitmachen. Bis dahin gibt es viel zu tun und ich hoffe, dass die richtigen Leute gute Ideen dazu nicht nur haben, sondern auch umsetzen. Denn immerhin ist das auch mein Zuhause, über das hier entschieden wird.

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Deutsche Klimapolitik in China

Es tut mir leid, aber heute muss ich mal etwas aus dem Rahmen fallen, es geht um Sabotage. Ungewöhnlicherweise mal an einem Montag, und dann auch noch an einem, wo die halbe Republik entweder noch besoffen oder schon verkatert ist, aber ich habe etwas gelesen, und das regt mich auf. An der Uni bekommen wir laufend gesagt, die Studenten von heute wären nicht mehr politisch und so brav geworden. Nun, offenbar sind wir an den falschen Stellen laut. Aber ich bin gerade trotzdem stinkig und das muss ich loswerden!

Da! Rubrik Wirtschaft, wie passend für ein Umweltthema.

Der Klimawandel. Thema einer Debatte, die eigentlich überhaupt nicht existiert. Denn was in den Medien gerne als eine Diskussion aufgezogen wird – ist er nun real und was geht davon auf des Menschen Kappe? – ist eigentlich lang entschieden. Auch die so gerne heraufbeschworene Uneinigkeit zwischen Klimaforschern existiert in dieser Form schlicht nicht!

Der Klimawandel ist da und er ist vom Menschen gemacht. Punkt. Worüber gestritten werden darf, ist das Ausmaß, und was man dagegen tun kann und muss.

In Deutschland wurde diesbezüglich in den letzten zehn Jahren etliches an Projekten angegangen, angefangen bei der Energiewende. 2015 war die Zahl der installierten Leistung Photovoltaik nirgendwo so groß wie hier. Auf dem diplomatischen Parkett drängt Deutschland gerne in eine Vorreiterrolle mit moralischem Zeigefinger und kritisiert den immensen Ausstoß von Treibhausgasen z.B. in den USA und (Weltmeister) China.

Und dann erzählt mir meine Tagesschau heute in einer Randnotiz, dass China, Weltrekordhalter in der Emission von Treibhausgasen und mit großen Ambitionen, etwas dagegen zu unternehmen, seine Richtlinien für Elektromobilität kastrieren will. Das Land also, was, abseits von der großen medialen Berichterstattung, Milliarden in die Entwicklung und Einführung von Elektromobilität steckt, will auf einmal die Quoten für Elektrofahrzeuge runter setzen. Das Land, welches guerilla-Transportunternehmen mit elektrischen Golfcarts duldet, ganzen Regionen die Richtlinien auferlegt, Taxis dürfen nur noch als Vollelektromodelle zugelassen werden und in dessen Metropolen zeitweise am Wochenende nur noch elektrisch gefahren werden durfte. Was ist da los?

Politik ist da los. Deutsche Politik. Und jede Menge Lobbyarbeit von einer Branche, die in Deutschland für mehr als eine halbe Million Arbeitsplätze verantwortlich ist. Unsere werten Autobauer haben seit 10 Jahren aktiv gegen jede Form von Elektromobilität agiert und stellt sich nun ernsthaft hin und behauptet, sie wären von der Entwicklung überrascht worden. Sorry, aber ich werfe ihnen Sabotage vor!

Ein Kommentar befand „hier wird also ein Wirtschaftskrieg auf Kosten des Klimas und damit künftiger Generationen ausgefochten.“

Tut mir leid, auch hier muss ich widersprechen. WIR SIND DIESE KÜNFTIGEN GENERATIONEN! Wir sind es, von denen da immer als ominöse Masse irgendwann in der Zukunft die Rede ist. Wir, die wir JETZT leben, erleben live und in Farbe, wie sich das Klima ändert. Zum ersten mal überhaupt konnten wir miterleben, dass zwischen zwei wärmsten Jahren seit Beginn der Wetteraufzeichnungen nicht Jahrzehnte liegen sondern … nichts!

2014, 2015 und 2016 waren alle drei die jeweils wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen. Nie vorher hat es auch nur zwei heißeste Jahre gegeben, zwischen denen auch nur weniger als ein Jahrzehnt gelegen hätte.

Und mit diesen Zahlen vor Augen engagiert sich unsere Bundesregierung unter Muddi Merkel (übrigens selbst Naturwissenschaftlerin, man mag es nicht für möglich halten) und dem dicken Siggi gegen ihre eigene hierzulande propagierte Klimapolitik. Man kann es ja als „Schutz von Arbeitsplätzen“ verkaufen, auch wenn die längst verloren sind. In China ist man Umweltverschmutzung schließlich gewöhnt und das ist weit weg. Die Modellierungen von ESA und NASA, welche den Weg von CO2 Wolken um den Globus darstellen, sind ja auch nur nette Zahlenspiele.

Und irgendwas wird uns ja schon einfallen. Mit dem Atommüll, das haben wir schließlich auch hervorragend hinbekommen. Worüber rege ich mich hier also auf?

:edit: ps.: Tut mir leid, wenn ich nun jemandem auf die Füße getreten bin… wobei, eigentlich nicht. Mir tut es eher leid, hier einen unreflektierten und nur aus Zorn heraus entstandenen Beitrag zu posten. Aber das Thema ist einfach … existenziell wichtig! Bitte berücksichtigt das und behaltet es immer im Hinterkopf. Es geht nicht darum die Welt zu retten. Die Welt ist alt genug um auf sich selbst aufzupassen. Es geht darum, uns selbst zu retten. Und unsere Kinder. Auch die, die schon geboren sind.

Schreiblaunen

„Wenn mich die Muse küsst“ sagt das Sprichwort, dann kann man besonders gut schaffend aktiv sein. Sei es nun mit Hammer und Meißel, mit Pinseln und Farbe, Instrument und Notenblatt oder mit Feder und Tinte, wahlweise auch Tastatur und Bildschirm. Nur, wer ist diese Muse, welche so eifrig alle Leute küsst, und sich doch so gerne diskret gibt? So diskret jedenfalls, dass mit persönlich kein Gesicht dazu einfallen möchte, welches mich geküsst haben will.

Anstelle einer schönen Person ist es in den meisten Fällen wohl einfach eine Laune. Bei mir als Schreiberling wäre es dann wohl die Schreiblaune, die mich zwar nicht küsst, aber immerhin doch schon einmal überkommt. Ihr zuvor kommt meistens ihre Schwester, die Idee, sie sind Zwillinge, aber trotzdem sollte ihr besser eine eigene Geschichte gehören. Die Schreiblaune jedenfalls macht aus der Idee eine Geschichte, welche greifbar, schreibbar und lesbar wird.

Zum Beispiel wenn man tiefenentspannt in der Sonne sitzt mit einem kühlen Getränk vor sich und dem Blick am Horizont. Wenn man die Zeit und die Ruhe hat, den Geist schweifen und die Gedanken fliegen zu lassen. Oder, wenn man einen Teil eines Vorgangs beobachtet hat, und das Gehirn einfach weiter rennt und die Ereignisse fortführt. Auch fort von dem Handlungsstrang der Realität. Was wäre, wenn…?

Was wäre, wenn die Frau, die dort eben auf der Treppe zum Bahnsteig gestolpert ist, nicht auf ihre Knie, sondern dem entgegen kommenden Mann in den Schoß gefallen wäre? Was, wenn sie sich daraufhin kennen und lieben gelernt hätten? Oder was wäre, wenn das Flugzeug über der Stadt spontan Feuer fangen würde und im nächsten Fluss notwassern würde, um den Brand gleich wieder zu löschen? Schließlich fliegt es doch sowieso verdächtig tief und in einer seltsam engen Kurve.

Stress ist hingegen ein optimaler Inspirationskiller bei mir. Ich habe zwar etwas Freizeit, aber ich sollte sie nutzen um irgendwas Wichtiges zu erledigen? Oder ich habe Freizeit, die sogar als Freizeit gedacht ist, aber am Horizont warten große Aufgaben? Selbst wenn ich will, kann ich vielleicht über Schreibblockaden schreiben aber schöne oder gute Einfälle, darauf wartet man vergeblich. Blöderweise drückt es gleichzeitig auf die Motivation und blockiert bestehende Gedanken und Konzepte. Ich kann also nicht einmal weiter schreiben, was ich schon begonnen habe.

Und wenn ich dann trotzdem unbedingt etwas schreiben will? Tja, dann müsst Ihr so etwas hier lesen. Was sind denn so die Gegebenheiten für Eure Schreiblaunen? Wie und wann könnt ihr am besten schreiben und wie funktioniert es überhaupt nicht? Lasst es mich doch mal wissen.