Schlagwort-Archive: Medien

The sun is setting on the british empire

Es ist jetzt schon einige Wochen her, da habe ich ein paar Gedanken zum Thema Brexit aufgeschrieben… mal wieder. Das Thema ist bekanntlich immer noch nicht durch und wird auch nicht so bald durch sein. Den Text jedenfalls habe ich abgespeichert und gut ignoriert, denn wieso braucht es noch eine Meinung dazu? Jetzt hat mir Youtube aus unergründlichen Gründen ein Video vorgeschlagen, welches erstaunlich ähnliche Aussagen trifft. Ich bin also offenbar mit meiner Wahrnehmung nicht allein. Und da hier bereits viel zu lange wieder Funkstille ist, dachte ich mir, wieso eigentlich nicht? Immerhin ist bald Europawahl und wo sich Gysi, die Briten und ich offenbar einig sind, ist, dass die EU etwas Auffrischung braucht. Sie ist zu wichtig geworden um so weiter machen zu können wie bisher, aber das ist eigentlich schon wieder ein anderes Thema. Gerade deshalb ist es wichtig, sich VOR DER WAHL zu informieren, wer denn was möchte und was das bedeutet. Wir haben jetzt vorgemacht bekommen, wie es ansonsten aussehen kann.

 

The sun is setting on the british empire

Die Tagesschau berichtet über den Brexit, wieder einmal. Inzwischen ist das Thema ein beispielloser Stammgast in den Nachrichtensendungen und das Kabarett zeigt sich etwas gelangweilt und nutzt schon längst nicht mehr jede Vorlage. Dafür sind es auch einfach zu viele. Nachdem das (neue) Austrittsdatum näher rückt und es einfach keine Entscheidung geben will, wie geordnet oder ungeordnet der Ausstieg denn vonstatten gehen soll, wird nun der Protest der Bevölkerung noch einmal laut.

Gut eine Million Menschen versammeln sich in Londons Straßen und verlangen Gehör. Sie fordern, dass angesichts der unbefriedigenden Verhandlungen, ein zweites Referendum durchgeführt wird. Dieses soll Klarheit bringen und die Inselnation vor einer großen Katastrophe bewahren. Das erste Referendum war schließlich nicht richtig. Man wusste ja nicht, worüber man abstimmt. Die Brexit Befürworter hatten doch versprochen, dass alles ganz unkompliziert werden würde. Man würde aus der EU aussteigen, sich also nicht mehr an der Finanzierung beteiligen, aber weiterhin alle Vorteile genießen können. Man hätte Millionen über Millionen Pfund übrig, die man plötzlich für das Gesundheitswesen oder Kultur ausgeben könnte. Woher genau dieses Geld kommen würde und wie genau die Beziehung zur EU dann aussehen sollte, darüber konnte schon damals niemand Antworten geben. Dennoch hat sich davon die Mehrheit nicht abhalten lassen und dafür gestimmt, die EU zu verlassen.

Dummerweise haben viele Briten dabei offenbar vergessen, dass zu den Verhandlungen immer zwei Partner gehören. Schon als die Initiatoren des ersten Referendums in den ersten Wochen danach ihre Posten verließen, fühlten sich die ersten Wähler geringfügig getäuscht und belogen. Dieser Zustand hat sich bis heute offenbar nur wenig verbessert. Also soll wieder gewählt werden, in der vagen Hoffnung, dass man diesmal nicht belogen wird. Immerhin kann man ja jetzt besser abschätzen, was einen erwartet. Es gibt zwar kaum neue Informationen, aber dem geneigten Wähler kann inzwischen sogar zugemutet werden, sich damit zu befassen. Immerhin befinden wir uns in wahrhaft denkwürdigen Zeiten.

Auch bei dieser Demonstration zeigt sich wieder dieses merkwürdige Bild. Da werden Personen interviewt, die beim ersten Mal mit „Leave“ gestimmt haben und jetzt beschlossen haben, dass ihnen das doch nicht so lieb ist. Und wieso sollte ein neues Referendum so viel ernst zu nehmender sein? Was, wenn das Ergebnis wieder nicht gefällt? Folgt dann ein Drittes? Ein Viertes? Die Partner in der EU sind natürlich skeptisch. Abgesehen davon, dass diese Sorglosigkeit bei dermaßen weitreichenden Abstimmungen ein Schlag ins Gesicht der Demokratie ist, zeigt sie noch ein ganz anderes Problem.

Es gibt offenbar Menschen, die es als völlig logisch und selbstverständlich hingenommen haben, dass sie einen der größten Wirtschaftsräume dieser Welt verlassen können, und dafür selbstverständlich alle Bedingungen selbst diktieren würden. Immerhin ist man ja nicht irgendwer. Man ist das britische Empire, und die Sonne geht niemals unter, über dem britischen Empire. Völlig unerheblich ist dabei, dass dieses Empire längst nicht mehr existiert. Man regiert nicht mehr die Welt, sondern eine kleine Insel. Und diese böse EU, die so viel Geld kostet, will sich auch nicht von der Insel aus regieren lassen. Gut, das Königreich wollte nie wirklich ein Teil davon sein, hat schon immer weniger in den gemeinsamen Finanztopf eingezahlt und auf ziemlich jede Vorschrift oder Regelung eine britische Sonderregel gesetzt. Eine statistisch signifikante Anzahl von Juristen in ganz Europa dürfte vor Erleichterung hörbar geseufzt haben, als der Brexit beschlossen wurde, macht es doch ihre Arbeit ungemein leichter.

Doch so langsam dämmert es auch einigen Köpfen, deren Sturheit nur als Ignoranz und Überheblichkeit gesehen werden kann, dass die Sonne nicht mehr auf ihr Empire scheint. Die Welt dreht sich einfach weiter und sie wartet nicht. Auch der geduldigste Diplomat hat irgendwann keine Lust mehr. Und was passiert dann? Wer zuckt zuerst mit den Schultern und zieht eine Grenze, wo nie wieder eine hätte liegen sollen? Ich bin versucht zu sagen, dass es ihnen einmal guttun könnte, zu gehen und sich bewusst zu werden, welche Vorteile sie denn hatten. Vermutlich würden sie bald zurückkommen. Nur das ist leider nicht, wie es funktioniert. Es wird kein Happy End wie im Film geben können. Das lassen die Rahmenbedingungen nicht zu. So sehr ich mir auch eine europäische Familienzusammenführung wünschen würde, ich habe aktuell sogar Zweifel, dass die EU die dringend benötigte Selbstreflexion angesichts dieser Katastrophe einleiten wird.

Einen schwachen Trost gibt es dennoch. Die hitzköpfige Tochter, die in einer schweren pubertären Phase mit viel Lärm und Getöse ausgezogen ist, versucht wie immer einen drauf zu setzen. Unter dem orangenen Präsidenten verbrennen die USA diplomatische Brücken, deren Wiederaufbau Jahrzehnte dauern könnte. Aber nur, weil jemand anders eine noch größere Dummheit begeht, wird die eigene auch nicht mehr besser. Es wird Zeit, erwachsen zu werden und einzusehen, dass wir die Probleme dieser Welt nur gemeinsam lösen können. Sie sind mindestens genau so drängend wie die bedrohlichen Blitze und Pilzwölkchen vergangener Tage.

Um etwas besser zu verstehen, wieso die Verhandlungen um den Brexit-Deal extra kompliziert sind, empfehle ich folgendes kleines Video. Es zeigt sehr schön die Diskrepanz zwischen Wunsch und Realität.

Deutsche Klimapolitik in China

Es tut mir leid, aber heute muss ich mal etwas aus dem Rahmen fallen, es geht um Sabotage. Ungewöhnlicherweise mal an einem Montag, und dann auch noch an einem, wo die halbe Republik entweder noch besoffen oder schon verkatert ist, aber ich habe etwas gelesen, und das regt mich auf. An der Uni bekommen wir laufend gesagt, die Studenten von heute wären nicht mehr politisch und so brav geworden. Nun, offenbar sind wir an den falschen Stellen laut. Aber ich bin gerade trotzdem stinkig und das muss ich loswerden!

Da! Rubrik Wirtschaft, wie passend für ein Umweltthema.

Der Klimawandel. Thema einer Debatte, die eigentlich überhaupt nicht existiert. Denn was in den Medien gerne als eine Diskussion aufgezogen wird – ist er nun real und was geht davon auf des Menschen Kappe? – ist eigentlich lang entschieden. Auch die so gerne heraufbeschworene Uneinigkeit zwischen Klimaforschern existiert in dieser Form schlicht nicht!

Der Klimawandel ist da und er ist vom Menschen gemacht. Punkt. Worüber gestritten werden darf, ist das Ausmaß, und was man dagegen tun kann und muss.

In Deutschland wurde diesbezüglich in den letzten zehn Jahren etliches an Projekten angegangen, angefangen bei der Energiewende. 2015 war die Zahl der installierten Leistung Photovoltaik nirgendwo so groß wie hier. Auf dem diplomatischen Parkett drängt Deutschland gerne in eine Vorreiterrolle mit moralischem Zeigefinger und kritisiert den immensen Ausstoß von Treibhausgasen z.B. in den USA und (Weltmeister) China.

Und dann erzählt mir meine Tagesschau heute in einer Randnotiz, dass China, Weltrekordhalter in der Emission von Treibhausgasen und mit großen Ambitionen, etwas dagegen zu unternehmen, seine Richtlinien für Elektromobilität kastrieren will. Das Land also, was, abseits von der großen medialen Berichterstattung, Milliarden in die Entwicklung und Einführung von Elektromobilität steckt, will auf einmal die Quoten für Elektrofahrzeuge runter setzen. Das Land, welches guerilla-Transportunternehmen mit elektrischen Golfcarts duldet, ganzen Regionen die Richtlinien auferlegt, Taxis dürfen nur noch als Vollelektromodelle zugelassen werden und in dessen Metropolen zeitweise am Wochenende nur noch elektrisch gefahren werden durfte. Was ist da los?

Politik ist da los. Deutsche Politik. Und jede Menge Lobbyarbeit von einer Branche, die in Deutschland für mehr als eine halbe Million Arbeitsplätze verantwortlich ist. Unsere werten Autobauer haben seit 10 Jahren aktiv gegen jede Form von Elektromobilität agiert und stellt sich nun ernsthaft hin und behauptet, sie wären von der Entwicklung überrascht worden. Sorry, aber ich werfe ihnen Sabotage vor!

Ein Kommentar befand „hier wird also ein Wirtschaftskrieg auf Kosten des Klimas und damit künftiger Generationen ausgefochten.“

Tut mir leid, auch hier muss ich widersprechen. WIR SIND DIESE KÜNFTIGEN GENERATIONEN! Wir sind es, von denen da immer als ominöse Masse irgendwann in der Zukunft die Rede ist. Wir, die wir JETZT leben, erleben live und in Farbe, wie sich das Klima ändert. Zum ersten mal überhaupt konnten wir miterleben, dass zwischen zwei wärmsten Jahren seit Beginn der Wetteraufzeichnungen nicht Jahrzehnte liegen sondern … nichts!

2014, 2015 und 2016 waren alle drei die jeweils wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen. Nie vorher hat es auch nur zwei heißeste Jahre gegeben, zwischen denen auch nur weniger als ein Jahrzehnt gelegen hätte.

Und mit diesen Zahlen vor Augen engagiert sich unsere Bundesregierung unter Muddi Merkel (übrigens selbst Naturwissenschaftlerin, man mag es nicht für möglich halten) und dem dicken Siggi gegen ihre eigene hierzulande propagierte Klimapolitik. Man kann es ja als „Schutz von Arbeitsplätzen“ verkaufen, auch wenn die längst verloren sind. In China ist man Umweltverschmutzung schließlich gewöhnt und das ist weit weg. Die Modellierungen von ESA und NASA, welche den Weg von CO2 Wolken um den Globus darstellen, sind ja auch nur nette Zahlenspiele.

Und irgendwas wird uns ja schon einfallen. Mit dem Atommüll, das haben wir schließlich auch hervorragend hinbekommen. Worüber rege ich mich hier also auf?

:edit: ps.: Tut mir leid, wenn ich nun jemandem auf die Füße getreten bin… wobei, eigentlich nicht. Mir tut es eher leid, hier einen unreflektierten und nur aus Zorn heraus entstandenen Beitrag zu posten. Aber das Thema ist einfach … existenziell wichtig! Bitte berücksichtigt das und behaltet es immer im Hinterkopf. Es geht nicht darum die Welt zu retten. Die Welt ist alt genug um auf sich selbst aufzupassen. Es geht darum, uns selbst zu retten. Und unsere Kinder. Auch die, die schon geboren sind.

Hörsaalgetuschel – Ausgabe 92

Die Welt ist bekloppt

„Alles okay bei dir? Du bist so abwesend heute“

Flo saß auf Kristinas Sofa und starrte über sein zweites Bier hinweg. Kristina kam gerade aus der Küche zurück, wo sie Kekse und mehr Bier geholt hatte. Im Fernsehen lief die Wiederholung einer alten Science Fiction Serie. Als Kind hatte sie die Serie geliebt und nun hatte sie die Hoffnung, ihren Freund wenigstens ein kleines Bisschen für diese Leidenschaft begeistern zu können. Flo nippte nur abwesend an seinem Bier. Er hatte beiläufig mitbekommen, dass er angesprochen worden war, hatte aber den Sinn der Worte kaum verstanden. Kristina war mit dem unbestimmten Brummen als Antwort nicht wirklich glücklich, als sie sich neben ihm aufs Sofa fallen ließ.

„Was geistert dir im Kopf herum?“

„Die Welt ist bekloppt.“

Das war nicht viel bestimmter als das Brummen, aber immerhin ein guter Ansatz. Im Fernsehen rannte ein Astronaut mit einer Salatschüssel als Helm seines Anzugs über einen fremden Planeten. Sie seufzte innerlich.

„Du hast wieder Nachrichten gesehen, stimmts?“

„Hmm auch.“

„Welche?“

„Einige.“

Er machte eine Pause und trank einen ausgiebigen Schluck. Sie ließ ihn machen. Manches mal half es ihm, über Themen zu reden, die über Banalitäten hinaus gingen. Flo war ein Meister des Small Talks, aber wenn es um etwas ging, was ihn bewegte, dann sah die Sache anders aus.

„Hab Anfang der Woche nicht gut geschlafen. Der Rettungshubschrauber ist laufend übers Haus geflogen. Wegen dem Bekloppten in der Bahn. Dann gibt’s hier und da noch ein wenig Krieg oder mal ein Amoklauf oder Selbstmordanschlag.“

„Ja, das ist schon wirklich schrecklich und traurig.“

„Was mich viel mehr stört, ist, dass es normal geworden ist und niemand mehr wirklich zu fragen scheint, wieso das passiert. Es ist einfacher, dass auf religiöse Spinner oder Psychopathen zu schieben. Hast du heute schon Nachrichten geguckt? Kinder sind tot und die Sender haben nichts Besseres zu tun, als den Bruder von einem Mädchen vor die Kamera zu zerren und den erzählen zu lassen, wie er durch die Krankenhäuser und Polizeistationen gezogen ist, in der Hoffnung, sie noch lebend zu finden. Ein Mann legt eine Blume am Unglücksort ab und rund herum stehen zehn oder fünfzehn Journalisten mit ihren Kameras, die begeistert drauf halten. Die Welt ist einfach völlig bekloppt geworden.“

Kristina sah ihm schweigend dabei zu, wie er seine Flasche leerte und sich eine neue öffnete. Sie wusste nicht, was sie hätte sagen können, um ihn zu beruhigen. Nach außen hin war er schließlich auch ruhig. Es war eher Resignation, die aus ihm sprach. Er hatte seine Artgenossen schlicht aufgegeben, fühlte sich mal wieder von ihnen verraten und im Stich gelassen. Das kannte sie bereits von ihm. Das Ausmaß überraschte sie dennoch.

„Ach ja, und ich habe Post bekommen. Vor etwa einem Monat hatte ich ein Vorstellungsgespräch, für nach dem Abschluss. Hab wohl keinen guten Eindruck hinterlassen. Sie haben jedenfalls jemand anderen genommen. Aber das war keine Überraschung.“

Doch, das war es. Für sie auf jeden fall. Sie hatte nicht gewusst, dass er sich bereits auf Stellen beworben hatte, wo er doch noch wenigstens ein Semester vor sich hatte. Und so oder so, in ihren Augen war er reichlich qualifiziert, vielleicht sogar überqualifiziert. Egal, was das auch immer für eine Stelle gewesen sein mochte. Sie probierte einen Keks und stellte fest, dass sie überhaupt nicht zum Bier passten.

Lindau

Die Rakete von Fremont

Seit der Mensch denken kann, will er hoch hinaus. Der Traum vom Fliegen ist älter als die Geschichtsschreibung, der Traum, zu den Sternen zu fliegen nur unwesentlich jünger. Inzwischen beherrschen wir beides mehr oder minder gut, doch an Reiz hat es deswegen nichts verloren. Als nun 1991 die Nachricht Fremont erreichte, dass in Bell Town eine überschüssige Rakete aus dem beginnenden Kalten Krieg 1950 verschrottet werden sollte, machten sich Vertreter der Künstlergemeinde sofort auf den Weg.

DSC00883

Nach einer Grundsanierung und einem fehlgeschlagenen Versuch 1993, konnte die Rakete am dritten Juni 1994 „nach fünf Minuten Suborbitalflug“ auf ihrer aktuellen Position aufgesetzt werden. Ausgerüstet mit einer neuen Nase, neuen Flügeln und dem Wappen und Motto von Fremont, „De Libertas Quirkas“, hat sie sich zu einem kleinen Wahrzeichen entwickelt. Es besteht die Hoffnung, die 16 Meter hohe Rakete in Zukunft zur Sendeantenne von Fremonts eigenem Radiosender zu machen. Wenigstens vorerst wird sie ansonsten wohl nirgendwo sonst hinfliegen, obwohl der Rauch an ihrer Basis es immer wieder ankündigt.

Wer die Rakete sucht, der findet sie unweit der Lenin Statue an der Ecke Evantson Ave und 35th Street.

DSC00884