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„Rettet die Bienen!“ – Ein Volksbegehren aus Lobbysicht

In Bayern laufen im Moment die Gemüter heiß, denn ein von der ÖDP geführtes Interessenbündnis hat ein Volksbegehren zu einem Gesetzesvorschlag gestartet. Unter dem (zugegeben etwas plakativen) Titel „Rettet die Bienen“ soll für mehr Naturschutz gestimmt werden. Ausbau und Förderung der ökologischen Landwirtschaft, Verdichtung des Biotopnetzwerks, Schaffung von mehr Lebensraum für Insekten, Reptilien, Säugetiere und Vögel… Viele Punkte, die aus ökologischer Perspektive absolut zu befürworten und notwendig sind.

Natürlich lassen Gegenstimmen nicht lange auf sich warten. Mit viel Lärm und Schaum vor dem Mund treten die vermeintlichen Verteidiger der Landwirte Bayerns auf. Grund genug für mich, mal wieder aus der Deckung zu treten und meine Zeit damit zu vertun, einen genaueren Blick auf diese Gegenstimmen zu werfen. Immerhin versuchen wir mit unserer Arbeit im Referat ebenfalls viele der vorgeschlagenen Maßnahmen im kleinen Rahmen umzusetzen. Den Text dazu findet ihr hier:

 

Das laufende Volksbegehren Artenvielfalt erregt die Gemüter. Die Kritik ist laut und vielfach natürlich auch wichtig.

Befasst euch damit, bevor ihr irgendetwas unterschreibt!

An vorderster Front natürlich der Bauernverband. Sie erklären allerdings nicht, wieso EU-Fördergelder nicht mehr ausgezahlt werden sollten, wenn die daran gekoppelten Maßnahmen in lokaler Gesetzgebung verankert sind.

Sie berücksichtigen auch nicht, dass Landwirtschaft und Stadtplanung auf verschiedenen Verwaltungsebenen spielen und es bereits einige Städte gibt, die im Zuge des Volksbegehrens ein Verbot von steinernen Vorgärten erwägen.

Sie führen natürlich an, dass sich Landwirte in Bayern bereits vielfach für den Naturschutz einsetzen und ignorieren gekonnt, dass bereits wenige schwarze Schafe hier erheblichen Schaden im Naturraum anrichten können. Eine Verpflichtung steht außerdem keinesfalls im Gegensatz zur Förderung. Es ebnet eher den Weg für zusätzliche Förderungen auf Landesebene, statt privatwirtschaftliche Interessensbezuschussung.

Sie berücksichtigen auch nicht, dass es zwar eine steigende Anzahl von Honigbienenvölkern gibt, die Gesamtmasse der Insekten aber weiterhin dennoch stark abnimmt. Der Gesetzesentwurf, der hier zur Diskussion vorgelegt werden soll, deckt sehr viel mehr ab als nur die Bienen.

Stattdessen wird vermeintliches Bauernbashing aufgeführt und die Verantwortung der Landwirtschaft am Artensterben heruntergespielt. Ich hätte erwartet, dass sie sich mehr Mühe geben, statt sich nur als Lobby der Agrochemie zu profilieren. Immerhin werben sie doch mit ihrem komplexen Verständnis des Naturraums.

Stellungnahme des Bauernverbandes zum Volksbegehren

Besonders von jüngeren Landwirten hört man häufiger den Vorwurf, wieso denn dieses Thema erst jetzt so groß wird. Man tut doch bereits so viel und der Pestizideinsatz war früher um Welten sorgloser. Wieso gab es dann früher noch kein großes Insektensterben?

Das gab es! Populationsgrößen sind übrigens verzögerungsbehaftet. Schrumpfen durch Gifte kommt verspätet und auch die Wirkungsweise aktueller Schutzprogramme zeigt sich erst mit der Zeit (Stichwort: extinction dept). Und der Grund, weswegen viele der früheren Insektizide verboten sind, ist ihre Gefährlichkeit. DDT etwa wurde verboten, weil sein Erfolg gegen die Insekten gleichzeitig ein großes Vogelsterben mit sich brachte. Insekten hingegen werden noch nicht so lange direkt beobachtet. Eine der längsten Datenreihen besitzt die Krefelder Studie von Hallmann et al. (ihr habt davon gehört. garantiert!). Indirekter lässt sich eine Abnahme der Insektenpopulation deutlich weiter zurückverfolgen.

Ein anderer Punkt ist die Veränderung in der Landwirtschaft. Der Druck auf die Fläche steigt an, es gibt keine Freiräume mehr. Gleichzeitig entstehen immer mehr große Industriehöfe, die kleineren Felder von kleinen und mittleren Höfen verschwinden. Damit ebenso die Hecken und schwächer bewirtschafteten Ackerrandstreifen. Weidehaltung wird durch Großställe ersetzt. Damit schwindet auch der Lebensraum, trotz steigender Sorgfalt bei der Schädlingsbekämpfung.

Man tut einiges aber es gibt enorme Altlasten zu beseitigen.

Auf alle diese Argumente geht auch die Radioreportage des BR noch einmal detailliert ein und liefert die Hintergründe gleich mit. Sehr empfehlenswert, sich diese Zeit einmal zu nehmen.

Podcast vom BR zum Thema

Informiert euch gerne und gründlich zum Thema und guckt euch auch an, wie ihr selbst aktiv sein könnt. Aber vergesst vor lauter Information nicht, auch eure Unterschrift abzugeben 😉 Es mag nicht alles perfekt im Gesetzesentwurf sein (immerhin ist es ein Entwurf), aber es ist der beste Ansatz, den wir zur Zeit haben und ein wichtiges Signal für die Politik.

Den Gesetzesentwurf und wo unterschrieben werden kann findet ihr auch unter

www.volksbegehren-artenvielfalt.de

Was ist eure Meinung? Hat der Bauernverband doch recht? Wird der Artenschutz sowieso überbewertet und ist nur ein weiterer Baustein hin zur „Ökodiktatur“?

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StadtGartenSchau – Teil 7. – Was ist ein Trivarium?

Auf unserer Fläche sind einige Elemente entstanden, von denen ich vorher noch nie etwas gehört habe. Was ist beispielsweise ein Schlüssellochbeet? Oder ein Lasagnebeet? Oder ein Trivarium? (Wir erinnern uns an Teil 3) Ein Alpinum kann man sich ja herleiten. Es wird etwas mit vielen Steinen und Gebirgspflanzen zu tun haben. Ein Schotterbeet ist zwar ähnlich, aber nicht so sehr auf Gebirgspflanzen ausgerichtet. Immerhin gibt es Schotterflächen in der Naturlandschaft auch oft an Flüssen oder bei Hangrutschungen und Steinschlägen (eigentlich muss man sagen „es gab sie“, denn in unserer Kulturlandschaft ist dieses Ökotop dank begradigter und kanalisierter Flüsse quasi ausgestorben. Dafür tauchen Schotterflächen heute eher in Städten auf, bei Baulücken und Brachflächen. Hier können sich eventuell Tiere und Pflanzen hin retten, die auf diese Nische angewiesen sind, wenn man ihnen eine Chance lässt.)

Aber was ist denn nun so ein Trivarium?

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Kurze Antwort: Das ist ein Trivarium. Die große Fläche im Vordergrund gehört dabei nicht einmal mehr dazu. Hier ist nämlich eine Mischkultur eingesät, die inzwischen eifrig sprießt. Die massiven Steine der Sonnenfalle haben die Funktion, solare Wärmestrahlung für die Nacht zu speichern.

Wie der Name es vermuten lässt, besteht es aus drei Elementen. Das Kernelement ist dabei die Sonnenfalle. Im Grunde eine Kräuterschnecke, die zu einem Halbmond nach Süden hin aufgedreht wurde. Geeignet ist sie für so ziemlich alles, was man auch in einer klassischen Kräuterspirale findet. Der Boden darin ist natürlich recht mager, denn Kräuter mögen es nicht besonders, wenn sie zu viele Nährstoffe haben. Wenn man so will, sind sie dem Menschen eigentlich sehr ähnlich. Wir kommen auch besser mit Mangel als mit Überschuss zurecht. Gibt es einmal zu wenig von etwas suchen wir, bis wir es gefunden haben. Entstandene Schäden sind erstaunlich einfach zu reparieren. Wenn es aber von allem oder von einzelnen Stoffen einen Überschuss gibt, dann kann das schnell daneben gehen. Organschäden bei Übergewichtigen oder Diabetes sind nur die bekanntesten Schäden und diese lassen sich nicht mehr so einfach heilen. Den Kräutern geht es ganz ähnlich. Lieber also etwas zu mager und sie werden halt nicht so groß. Da wir ja ökologische Intensivierung bewerben möchten haben wir natürlich auch einige Nisthilfen in der Sonnenfalle verbaut. Eine bunte Auswahl an Vögeln und Insekten hat also das Angebot, bei uns Unterschlupf zu finden und sich heimisch zu fühlen.

Die Sonnenfalle umschließt einen Krater, in dem sich Feuchtigkeit sammelt, der durch die Sonnenfalle vor Wind geschützt ist und wo die Wärmestrahlung hinein reflektiert wird. Im Grunde ist es vergleichbar mit einer Satellitenschüssel oder einem Parabolspiegel. Dort ist ebenfalls eine reflektierende Ebene so ausgerichtet, dass sich Strahlung in einem Punkt sammelt, nur dass der Punkt in diesem Fall die Senke in der Mitte ist. Hier gedeihen Pflanzen, die gut mit warmfeuchten Bedingungen zurecht kommen. Nach Norden hin sind sie vor kaltem Wind geschützt und zu so ziemlich jeder Tageszeit fällt Sonnenlicht hinein. Bedingt durch den tonigen Untergrund haben wir eigentlich sogar zwei Trivarien mit Teichen, denn der Krater läuft aktuell bei jedem Regenguss mit Wasser voll. Da Würzburg aber im Sommer auch Phasen hat, wo Monate komplett ohne einen Regentropfen keine Seltenheit sind, verzichten wir darauf, Reis hinein zu pflanzen und bleiben bei solchen, die bei Überflutung protestieren. Auch wenn mir die Idee mit dem Reis eigentlich ganz gut gefallen hat …

Das dritte Element ist das Sandarium, welches die gesamte Struktur zur Seite hin abgrenzt. Hier ist nicht nur die obere Schicht mit Sand abgedeckt sondern tatsächlich dick aufgetragen. Bisher hat sich auch noch kein Kind dazu hinreißen lassen, mit Förmchen bewaffnet in diesen Sandkasten zu springen. Ich bewundere die Disziplin. Die Pflanzen hier kommen mit extrem wenigen Nährstoffen und Wasser aus, wurzeln dafür aber um so tiefer. Wer davor steht merkt häufiger an, dass es recht karg aussieht und so viel Platz zwischen den einzelnen Pflanzen ist. Nicht weiter verwunderlich, immerhin kennen wir solche trockengefallenen Sandbänke aus unseren Kulturlandschaften überhaupt nicht mehr (Heidelandschaften einmal ausgenommen). Dennoch ist auch das geplant, denn solche Sandflächen wachsen selten wirklich zu. Stattdessen bieten sie viel Zwischenraum, deren Sandflächen wichtige Habitate für viele Insekten wie die verschiedene Wildbienen oder Wespen, die sich hier ihre Bruthöhlen graben.

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Ein Blick in den Sonnenuntergang ohne Sonnenuntergang, dafür mit Sandarium. Im Hintergrund sieht man den Halbmond der Sonnenfalle noch.

Es klang bereits durch, auf unserer Fläche sind gleich zwei große Trivarien zu bestaunen. Eines davon mit Kraterbeet, eines davon mit Teich im Zentrum. Der Teich ist als solcher geplant, mit Folie ausgekleidet und soll mit essbaren Pflanzen besetzt werden. Denn nur weil die meisten unserer Gemüsepflanzen und Kräuter eher auf großen Feldern angebaut werden heißt das nicht, dass es im Wasser nicht auch einige Leckereien geben kann. Wasserminze ist nur ein Beispiel, dankbarerweise sehr ähnlich wie Pfefferminze. Um den Pflanzen besseren Halt zu geben wurden Stufen in den Sand modelliert, als die Folie eingebaut wurde. Leider war der Sand zu nass und die Struktur ist wieder kollabiert.

Genau wie der Plan, das zweite Trivarium mit einem trockenen Krater anzulegen. Diese Senke ist so gedacht, dass sich dort etwas Wasser ansammeln kann, aber dank des tonigen Bodens ist hier schnell ein natürlicher Teich entstanden, den wir nun beständig leer schöpfen. Und auch wenn ich für eine Anpassung gestimmt habe, bleibt es nun also bei dem ursprünglichen Plan und dem Schaufeln. Ich bin gespannt, wie der Sommer wird.

Gefällt euch die Reihe bis hierhin? Erkläre ich zu viel oder zu wenig oder das falsche? Gibt es andere Projektteile, die ihr so ausführlich erläutert haben möchtet? Einige Highlights habe ich ja bereits vorgestellt aber natürlich war das nicht alles. Wenn gewünscht kann ich auch einmal Ausflüge zur „Konkurrenz“ machen und euch davon etwas erzählen. Lasst es mich doch einfach in den Kommentaren wissen. Im Idealfall sieht man es sich natürlich selbst an und schafft sich selbst einen Eindruck, aber ich hätte ein schlechtes Gewissen, dafür jemandem nun zu einer weiten Reise zu raten. 😀

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Der fertige Flächenplan, wie er auf unseren Flyern und auf den Infoschildern zur Ausstellung abgebildet. Kleine Besonderheit: Der Plan ist nicht genordet sondern gesüdet 😉